Verfolgte Journalisten in Myanmar

Von Katja Dombrowski

In Myanmar hat vor fünf Monaten, am 1. Februar 2021, das Militär geputscht. Seitdem haben die selbsternannten Machthaber in Uniform hunderte Menschen umgebracht: unliebsame Politiker*innen, friedliche Demonstrant*innen, Kinder, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Ihre genaue Zahl ist unbekannt, denn freie Berichterstattung ist nicht möglich – unabhängige Medien wurden geschlossen.

Die Junta, die man bei Strafandrohung nicht so nennen darf, hat Tausende festgenommen. Wer wieder freikommt, berichtet von Folter. Unter den politischen Gefangenen sind auch viele Dutzend Journalist*innen. Wer weiß von ihrem Schicksal? Wer kennt ihre Namen? Ihre Gesichter? Vermutlich kaum jemand außerhalb Myanmars. Nur einen von ihnen kennen jetzt viele: Er heißt Danny Fenster, ist US-Amerikaner, leitender Redakteur der Zeitschrift „Frontier Myanmar“, und U2 hat auf Twitter seine Freilassung gefordert.

Die Band mag schon etwas in die Jahre gekommen sein, hat aber 1,5 Millionen Follower und insgesamt noch so viel Prominenz, dass Medien weltweit darüber berichten. Die Nachricht „U2 fordert Freilassung von Danny Fenster“ ist mehr wert als „US-amerikanischer Journalist in Myanmar im Gefängnis“ und viel mehr wert als „Myanmarische Journalisten in Myanmar im Gefängnis“. Es gibt eine Petition für die Freilassung von Danny Fenster, die bereits mehr als 40 000 Unterschriften hat, eine „Bring Danny Home“-Facebookseite und „Free Fenster“ T-Shirts im Internet zu kaufen.

Ich finde es gut, dass die Welt sich für Danny Fenster interessiert. Er sitzt im Gefängnis, ihn erwartet ein unfaires Verfahren, und ihm drohen drei Jahre Haft – nur weil er seinen Job gemacht hat. Aber was ist mit den vielen anderen Kolleg*innen in Myanmar? Warum gibt es keine Petition für die Freilassung von Zaw Zaw, freier Journalist für „Mizzima News“, der Anfang Juni von einem Militärgericht zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde? Wo können wir „Free Min Nyo“ T-Shirts kaufen, um unsere Solidarität mit dem Journalisten von „Democratic Voice of Myanmar“ zu zeigen, der drei Jahre bekommen hat?

Medien ticken so, und Menschen, die dort arbeiten, ticken mit. Danny Fenster – das ist einer von uns! Er ist uns nah, da fühlen wir mit. Und die Prominenz von U2 macht seinen Nachrichtenwert noch größer. Die anderen sind eben die anderen. Aber das ist kein Naturgesetz! Wir können die Regeln ändern, nach denen Ereignisse zu Nachrichten werden. Jetzt ist die Zeit, das zu tun.

Katja Dombrowski ist freie Journalistin, lebt in Friedberg und engagiert sich ehrenamtlich bei den Wetterauer Grünen. Der Meinungsbeitrag spiegelt allein die Meinung der Kolumnistin wieder.