In der Kluterthöhle

Von Katja Dombrowski

Deutschland ist so lahmarschig geworden! Eine richtige Schnecke, überall nur noch ferner liefen. Der Kampf gegen Corona, Klimaschutz, Digitalisierung – nichts läuft, alles stolpert. Waren wir nicht mal ein innovatives Land? Was wurde hier nicht alles erfunden: Buchdruck, Glühbirne, Telefon, Straßenbahn, Computer… bahnbrechende Dinge! Später war Deutschland dann Umweltschutz-Champion, Recycling-Pionier, Energiewende-Vorreiter.

Und jetzt? Die Gesundheitsämter kommunizieren per Fax. Unsere Corona-App ist ein Flop, dafür kam sie später als anderswo und war besonders teuer. Mehr als jeder dritte Israeli ist bereits geimpft, die Briten buchen wie verrückt ihren Sommerurlaub, und selbst Joe Biden, der erst seit fünf Wochen im Amt ist, hat schon 50 Millionen Impfungen geschafft.

Hierzulande haben 5,7 Millionen Menschen die erste Spritze erhalten, das sind 4,5 Prozent. Zweimal geimpft sind jämmerliche 2,3 Prozent. Vorsicht und Gründlichkeit – schön und gut. Niemand hat Lust auf einen hektisch in Russland oder China zusammengemischten Schnellschuss. Aber man kann es auch übertreiben. Und das tut Deutschland derzeit ganz offensichtlich. Schnelltests sind in Österreich schon Standard, dank ihnen sind Schulen und Geschäfte offen. Deutschland hat jetzt gerade die ersten Produkte zugelassen – das heißt aber noch lange nicht, dass du und ich sie bald im dm um die Ecke bekommen.

Dieses Hinterherhinken zeigt sich schon länger, und es ist überall. Ein gutes Beispiel ist die Verkehrswende, die nicht passiert. Elektromobilität: spät erkannt; Abschied vom Verbrennungsmotor: nicht in Sicht; Emissionen: steigen; Tempolimit: laut Andreas Scheuer „gegen jeden Menschenverstand“.

Apropos Scheuer: Ich habe den Verdacht, dass dieses Auf-der-Bremse-Stehen sehr viel mit den Regierenden zu tun hat. Die sich in 15 Jahren Merkel in einer Art Winterschlaf eingerichtet haben. Nur ab und zu dringt die Realität in diese gemütliche Blase ein: 2013 entdeckte die Kanzlerin bekanntlich das Internet im Zusammenhang mit einem Spionageprogramm des US-Geheimdienstes als „Neuland“. Und 2019 wunderte sich Armin Laschet, der in einem Anfall von Größenwahn möglicherweise versuchen wird, ihr Nachfolger zu werden: „Aus irgendeinem Grund ist das Klimathema plötzlich ein weltweites Thema geworden.“ Da drängt sich schon die Frage auf, wo Herr Laschet bis dahin das 21. Jahrhundert verbracht hat. Vielleicht in der Kluterthöhle in Ennepetal. Da ist die Temperatur immer gleich und kein Radioempfang. Vielleicht war er da auch nicht alleine. Ich wüsste noch so ein paar Kandidaten.

Ganz vorne mit dabei ist Deutschland nur noch bei so Dingen wie Ressourcenverbrauch und Abfallmenge. Und das wird wohl auch vorerst so bleiben. Zum Thema Mehrwegquote sagte Svenja Schulze, immerhin Bundesumweltministerin, kürzlich dem Spiegel: „Mir geht das auch zu langsam. Aber das ist der Preis, den man in einer Koalition mit den Konservativen zahlt.“ Horst Seehofer würde alles blockieren. Aha, die kleine Svenja wird also vom bösen Horst unterdrückt. Bei dieser Regierung hilft offensichtlich nur noch ein kompletter Relaunch. Gut, dass im September Bundestagswahl ist. Im Schneckentempo dauert es bis dahin allerdings noch ewig.

Katja Dombrowski ist freie Journalistin, lebt in Friedberg und engagiert sich ehrenamtlich bei den Wetterauer Grünen. Der Meinungsbeitrag spiegelt allein die Meinung der Kolumnistin wieder.