Historische Bahnverbindungen

Von Katja Dombrowski

Ich musste nach Büdingen zum Impfen und das hat mir eine schöne Reise durch die Wetterau verschafft. Ich habe mir einen halben Tag freigenommen und bin mit Bus und Bahn über die Dörfer gefahren. Landschaftlich sehr reizvoll, Wetterau at its best! Ich habe schöne Orte gesehen, in denen ich noch nie war, zum Beispiel Dauernheim und Blofeld. Überall Fachwerk, aus dem Bus schaut man direkt in die Höfe, Menschen in Gummistiefeln unterhalten sich mit den Nachbarn, Kinder spielen mit Katzen, ich habe mich fast wie eine Touristin gefühlt. Alles sehr entspannt, ich kam sogar pünktlich zum Impftermin. Zurück führte die schnellste Verbindung über Nidda, erst mit der Lahn-Kinzig-Bahn, dann mit der Horlofftalbahn. Aus dem Zug habe ich Dutzende Störche gesehen, von Aussterben kann keine Rede mehr sein. Schön, dass manches auch besser wird und nicht alles schlechter. Ein Rotmilan kreiste auch am Himmel, den assoziiere ich sofort mit Windrädern. Aber die gibt‘s hier nicht. Stattdessen so Kleinode wie das Backhaus in Bad Salzhausen und die Kulturhalle in Stockheim. Dort war der Biergarten geöffnet, ich wäre am liebsten ausgestiegen. Ein bisschen irritiert hat mich zu Beginn meiner Reise, dass im Bus fast nur Menschen saßen, die entweder meine Kinder oder meine Eltern hätten sein können oder sich in einer anderen Sprache als Deutsch unterhielten. Aber dann wurde mir klar, woran es lag. Die Fahrt ins Impfzentrum hat von Tür zu Tür zwei Stunden gedauert. Mit dem Auto schafft man das in einer halben Stunde – also vier Mal so schnell. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt nur, wer muss. Eine alte, eingleisige Bahnstrecke, auf der alle Stunde ein Zug verkehrt, der überall hält und größtenteils nur 60 fahren kann, ist historisch interessant, aber praktisch einfach nicht zumutbar. Es heißt ja immer, so eine Bahnstrecke muss sich auch lohnen. Modernisierung oder gar Neubau kosten viel Geld, das muss wieder reinkommen. Beim Bau von Autobahnen oder Umgehungsstraßen hört man dieses Argument aber nicht. Die kosten auch einen Haufen Geld. Und die Wetterau ist voll davon, da hat Andreas Maier schon recht: Umgehungsstraßen, wohin das Auge reicht. Offenbar gelten Straßen in Deutschland als Grundversorgung, die die Allgemeinheit mit ihren Steuern zu bezahlen hat, Bus- und Bahnverbindungen hingegen als Extraservice. Seine Qualität hängt davon ab, wie viele Menschen ihn nutzen und wie reich oder arm Kommunen und Landkreise vor Ort sind. Leute, geht‘s noch?! Ich fordere Gebühren für die Straßenbenutzung und gute Öffis für jedes Dorf – steuerfinanziert. Dann klappt es auch mit der Verkehrswende.

Katja Dombrowski ist freie Journalistin, lebt in Friedberg und engagiert sich ehrenamtlich bei den Wetterauer Grünen. Der Meinungsbeitrag spiegelt allein die Meinung der Kolumnistin wieder.