Dorf-Office statt Pendeln – eine Chance für die Wetterau

Landratskandidat Thomas Zebunke will CoWorking im ländlichen Raum fördern

Arbeitsstrukturen wandeln sich. Corona hat dem Trend zum mobilen Arbeiten einen enormen Schub gegeben. Eine Studie belegt zwischen 2019 und 2021 Zuzugsgewinne im ländlichen Raum für Hessen. Arbeit entkoppelt sich zunehmend vom festen Standort, vor allem wenn sie digital erfolgt. Aber immer von zuhause aus arbeiten ist für viele auch keine Lösung. Welche Vorteile die Arbeitsform des Coworking und ergänzende Konzepte für Land, Leute und Wirtschaft bieten – darum ging es in einer von Landratskandidat Thomas Zebunke moderierten Runde im Alten Kino in Nidda.

Mit dabei: Vertreterinnen und Vertreter des Kreativhauses Friedberg, von Das.Gute.Haus. aus  Butzbach, der Raumstation 3539 in Gießen, des Alten Kinos in Nidda sowie von The Creators Space in der Altenstädter Waldsiedlung. Hauptreferent mit der weitesten Anreise Felix Peter, Ex- REGIONALE-Manager Südwestfalen und jetzt Digitalisierungsbeauftragter des Hochsauerlandkreises, ein Experte in Sachen Coworking.

Nach Vorstellung der verschiedenen Projekte ging es um die Frage, was Coworking für den ländlichen Raum bedeuten und welche Potentiale es heben kann. Klar war allen, dass der Begriff Coworking noch immer der Erklärung bedarf. Dabei geht es um das Angebot von Räumlichkeiten, in denen Menschen arbeiten. Ob für sich selber, für Unternehmen, in Projekten oder miteinander, das ist offen. Einig waren sich alle, dass das Zusammenkommen unterschiedlich tätiger Menschen an einem Ort die Kraft birgt, kreative Funken zu schlagen.

Mit dem Trend zum mobilen Arbeiten stellt sich auch die Frage, ob das nun jeder und jede von zu Hause tut. Oder, ob das in Räumen geschieht, wo man mit anderen zusammentrifft, Pausen macht, ins Gespräch kommt. Felix Peter berichtete davon, dass, auch in Deutschland vermehrt  Unternehmen Interesse daran zeigen, Mitarbeitende in Coworking-Zentren zu bringen, statt in die Firmenzentrale zu holen. Auch in Frankfurt verfolgen große Dienstleistungsunternehmen das Ziel, das Büroangebot an ihren zentralen Standorten zu verringern.

„Coworking kann sich zu einer echten Chance für den ländlichen Raum entwickeln,“ sagte Zebunke in seiner Einführung,“ vielerorts gibt es Leerstände und erste Projekte zeigen, wie hier Arbeitsstätten mit Zukunft geschaffen werden können, die zugleich viel mehr sein können, nämlich Begegnungszentren, Veranstaltungsorte, Räume für Kreativität“.

Wie Zebunke will Felix Peter mit Orten für CoWorking „im ländlichen Raum die Großstadt der Zukunft schaffen“. Das Pendeln kann reduziert, Leben und Arbeiten vor Ort wieder zusammengebracht, damit die Lebensqualität in ländlichen Orten erhöht und schließlich mehr Geld im heimischen Raum gelassen werden.

Diesen Ansatz verfolgt der Coworking Space im Alten Kino in Nidda. Oliver Vidmar und Tim Kabacher möchten mit den Mitstreitern aus der Kommune, der Wirtschaftsförderung und interessierten Akteuren einen Ort schaffen, der auf kleinstem Raum die Annehmlichkeiten der Großstadt bieten soll. „Morgens arbeiten, nachmittags weiterbilden und einen Workshop besuchen, abends die Kulturveranstaltung im historischen Saal. Wir bilden hier einen kompletten Aufenthaltszyklus ab, für den man in Frankfurt von Ort zu Ort fahren müsste“, so Oliver Vidmar. Auch die anderen Spaces verfolgen unterschiedliche Konzepte, die Coworking zum Kern haben und ein zusätzliches Angebot bieten, das den ländlichen Raum zu einem lebenswerteren Raum als die Metropolregionen werden lässt.

Für Thomas Zebunke bietet das Coworking Ansätze, die von der Politik, der Wirtschaftsförderung, den Unternehmen weiterverfolgt werden müssen. „Es ist offensichtlich, welche Chancen hierin für den ländlichen Raum stecken und wie viele Fliegen wir mit einer Klappe geschlagen werden können. Das ist eine Form der Dableibe-Vorsorge, die ich unterstützen möchte. Für mich ist es weiterhin nicht verständlich, weswegen die Kreisverwaltung in Friedberg einen Erweiterungsbau auf dem dortigen Kasernengelände bekommen soll. Modernisierung des Hauptgebäudes und dort Bündelung der Arbeitsplätze, die dort sein müssen ist aus meiner Sicht auch in Oerdnung, aber ein Teil der Arbeitsplätze könnte auch an anderen Orten im Wetteraukreis in Coworking-Räumen entstehen. Es geht weiter darum, solche Konzepte zu diskutieren und für sie zu werben.“