Nach uns die Sintflut

Von Katja Dombrowski

Ich neige nicht zu Panikmache, aber es muss gesagt werden, wie es ist: Wir steuern auf den Untergang zu. Nicht der Welt, die wird schon durchkommen, aber der Menschheit. Die Wissenschaft ist da eindeutig. Wenn wir alle zusammen nicht radikal umsteuern – und danach sieht es nicht aus –, wird die Erde so heiß werden, dass unsere Lebensgrundlagen kaputtgehen. Man weiß nicht ganz genau, wann welche Kipppunkte kommen, aber dass sie kommen, wenn wir einfach so weiterleben wie bisher, ist klar. Und dass es dann sehr sehr ungemütlich wird. Ein Massenaussterben ist wahrscheinlich, dass die Spezies Mensch das überlebt, nicht sicher.

Klingt apokalyptisch. Ist es auch. Umso erstaunlicher, wie gelassen die Menschen mit der Klimakrise umgehen. Viele sind zwar besorgt, einzelne in Panik, und in Berlin momentan sechs junge Menschen im Hungerstreik – aber als Kollektiv haben wir die Ruhe weg. Gerade hat der Climate Action Tracker eine Analyse veröffentlicht, die 37 Länder umfasst. Nur ein einziges verfolgt eine Politik, die mit dem Ziel, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, kompatibel ist: Gambia. Kein einziges Industrieland, kein einziges Mitglied der G20, die zusammen vier Fünftel der globalen Emissionen verursachen, reduziert seinen Treibhausgasausstoß im überlebensnotwendigen Maße – wobei natürlich auch in der Summe nichts Gutes rauskommen kann. Die globalen Emissionen steigen weiter.

Den meisten Bewohnern der Erde dürfte die existenzielle Bedrohung, die sich daraus ergibt, nicht bewusst sein. Für die anderen sehe ich zwei Möglichkeiten damit umzugehen. Herangehensweise Nummer 1: „Nach uns die Sintflut“. Wir halten die Lage für aussichtslos und beschließen, die Schönheit der Welt zu genießen, so lange es sie noch gibt. Morgens frühstücken wir Flugananas, am Wochenende fliegen wir zum Shoppen nach New York, und im Urlaub legen wir uns an die schönsten Strände in der Südsee, kurz bevor sie untergehen. Die Vorstellung hat einen gewissen Charme. Wen hat nicht schonmal das Motto „Lebe jeden Tag so, als wäre es dein letzter“ gereizt? Leider kommt das für Leute wie mich nicht in Frage, und zwar nicht nur wegen fehlenden Kleingelds. Ich habe Kinder. Und auch deren Kinder und die Kinder anderer Leute sind mir nicht egal.

Die zweite mögliche Herangehensweise nenne ich „Jeder tue was er kann“. Zu tun gibt’s ne Menge, besonders für Reiche – und damit meine ich nicht nur weltraumfahrende Milliardäre. Im globalen Vergleich ist jede*r reich, der oder die regelmäßig Fleisch isst und Auto fährt, und in Deutschland sind alle reich, auch Vegetarier*innen und Bahnfahrer*innen. Aber der längste Hebel liegt nicht im individuellen Konsumverhalten, sondern in der Politik. Die größte Macht üben wir mit unserer Stimme aus, die für die richtige politische Linie sorgt. Man braucht dafür nichtmal alle, es reicht die Mehrheit. Wenn sie jetzt nicht zusammenkommt, muss eine der künftigen Generationen am Ende schlimmstenfalls feststellen, dass wir uns – ganz demokratisch – für den eigenen Untergang entschieden haben. Wie blöd kann er sein, der Homo sapiens?

Katja Dombrowski ist freie Journalistin, lebt in Friedberg und engagiert sich ehrenamtlich bei den Wetterauer Grünen. Der Meinungsbeitrag spiegelt allein die Meinung der Kolumnistin wieder.