Die 23-Prozent-Lücke

Von Katja Dombrowski

28 Prozent in der Sonntagsfrage, das ist viel zu wenig! Mit 28 Prozent könnten die Grünen wahrscheinlich regieren – aber wie? Sie müssten sich mit einem oder womöglich sogar mehreren Koalitionspartnern herumschlagen. Und wer dafür zur Verfügung steht, ist bekannt: Bremser und Bedenkenträger, Ewiggestrige und Menschen auf politischen Irrwegen. Mit denen ist kein Staat zu machen.

Deshalb brauchen wir bei der Bundestagswahl die absolute Mehrheit! Da müsst ihr Journalist*innen auch gar nicht jede*n Grüne*n, die oder den ihr vors Mikro bekommt, nach Koalitionspräferenzen fragen. Die Präferenz ist klar: überhaupt keine Koalition. Koalition ist Mist. Nur eine Alleinregierung gibt uns die Freiheit, unser Wahlprogramm auch wirklich umzusetzen. Alles ist drin. Alles soll geschehen.

Bis zur Wahl sind es noch fünf Monate: genug Zeit, um die fehlenden 23 Prozent klarzumachen. Denn wer hier als einzige der Kandidat*innen Kanzlerin kann, ist offensichtlich – und den meisten Deutschen, die sind nämlich nicht blöd, auch vollkommen klar: 32 Prozent halten Annalena Baerbock für geeignet, nur je 15 Prozent Armin Laschet und Olaf Scholz. Das ist kein Kopf-an-Kopf-Rennen, das ist ein Champion, der davonzieht.

Auch bei 32 Prozent ist noch ordentlich Luft nach oben. Aber ich bin mir sicher: Da geht noch was. Annalena und die Grünen müssen dafür an ihrer Performance gar nichts ändern. Die ist eh schon gut – Niveau halten reicht. Für mehr Zuspruch sorgen dann schon die anderen: eine SPD, die im Sumpf der Bedeutungslosigkeit versunken ist und keinerlei Anstalten macht, sich da selbst wieder herauszuziehen. Wobei die Wahl einer fast schon schwarzen Null wie Scholz als Kanzlerkandidat wohl auch nicht gerade hilfreich war. Und eine Union, die sich gerade regelrecht systematisch selbst zerlegt. Selbst wenn die Machtkämpfe irgendwann ausgestanden sein sollten, werden die ekelhaften Korruptionsskandale doch klebenbleiben. Und Laschet finden – verständlicherweise – noch nichtmal die eigenen Leute gut.

Man kann zu gar keinem anderen Schluss kommen: Jeder, dem an Deutschland und der Welt etwas liegt, an einem guten Leben auch in der Zukunft, und jede, die die eigene Stimme, dieses kleinste Rädchen der Demokratie, möglichst sinnvoll einsetzen will, wird im Herbst grün wählen. Und das sind ja wohl allemal mehr als 50 Prozent.

Katja Dombrowski ist freie Journalistin, lebt in Friedberg und engagiert sich ehrenamtlich bei den Wetterauer Grünen. Der Meinungsbeitrag spiegelt allein die Meinung der Kolumnistin wieder.