Penetrante Werbepost

Von Katja Dombrowski

Am schlimmsten ist „Einkauf Aktuell“. Wenn diese klimakillende Werbeattacke samstags in unserem Briefkasten landet, ist mein Wochenende gelaufen. Dann türmen sich vor meinem geistigen Auge die 20 Millionen Exemplare, die jede Woche gedruckt, in Plastik eingepackt und mit Dieselfahrzeugen über die Republik verteilt werden. Ich sehe ihren ganzen Lebensweg vor mir, vom Wald, der dafür abgeholzt wird, bis zum Ende in der Gosse oder im Recyclingwerk. Dazwischen: pure Nutzlosigkeit. Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ohne Mehrwert. Eine wahnsinnige Ressourcenverschwendung, zumal das Ding bei drei Vierteln aller Empfänger*innen umgehend und ungesehen in den Müll wandert! (Ich trenne natürlich vorher noch wutschnaubend Papier und Plastik voneinander.)

Gut, wer’s mag: bitte schön. Ich bin ja tolerant. Aber wer’s nicht mag, hat das Recht, verschont zu werden. Auf unserem Briefkasten steht sehr gut lesbar „BITTE KEINE WERBUNG“. Die Deutsche Post, die „Einkauf Aktuell“ verteilt (und als „reichweitenstärkstes Werbemedium“ bewirbt – was auch absolut glaubhaft ist, wenn dafür de facto eine Empfangspflicht besteht) schreibt auf ihrer Website: „Die Zustellung ist ausgeschlossen, wenn die Werbeverweigerung durch einen deutlich sichtbaren Hinweis, wie z.B. ‚Bitte keine Werbung‘, am Hausbriefkasten erklärt wird.“ Es wäre schön, wenn das auch die Briefträger*innen wüssten. Unserer hält sich manchmal dran, manchmal nicht, und da ist er übrigens nicht der einzige. Auch andere Werbung landet trotz Aufkleber gelegentlich bei uns – aber keine ist so penetrant wie „Einkauf Aktuell“.

Ich bin mit meinem Ärger darüber übrigens nicht alleine. Mehr als 50.000 Menschen haben der Belästigung mit „Einkauf Aktuell“ schon über die Website Plastikpost.de widersprochen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Es hat nichts genutzt. Der Verein „Letzte Werbung“, der hinter der Initiative steht, hat mir eine Email geschrieben: „Die Deutsche Post hat uns mitgeteilt, dass sie die Widersprüche nicht anerkennen will. Das ist gegen gültige Rechtsprechung! Wir kämpfen jetzt dafür, dass sie Deinen Willen akzeptieren und sich daran halten muss.“ Wohlgemerkt geht es um Widersprüche, wenn kein Aufkleber am Briefkasten ist. Die anderen dürfen „Einkauf Aktuell“ ja sowieso nicht bekommen…

Die Deutsche Umwelthilfe will die Werbepostflut nun mit einem gesetzlichen „Opt-in“-Verfahren stoppen: Werbung dürfte dann nur noch in Briefkästen mit „Werbung – ja bitte“-Aufklebern geworfen werden. Die entsprechende Petition haben schon mehr als 140.000 Menschen unterschrieben. Ich bin dafür, denn damit deckt man auch die Faulen ab, die keine Werbung wollen, es aber nicht schaffen, einen Aufkleber zu besorgen, und die vielen, denen das Thema egal ist oder die einfach nicht drüber nachdenken. Weil sie vielleicht größere Probleme haben als ungewollte Werbung.

Apropos nachdenken: Die Umwelthilfe hat dankenswerterweise ein paar Zahlen zusammengetragen, die dazu anregen: Mehr als 28 Milliarden Werbeprospekte pro Jahr landen ungefragt in deutschen Briefkästen. Ihre Herstellung verbraucht 42 Milliarden Liter Wasser, 4,3 Milliarden Kilowattstunden Strom und 1,6 Millionen Tonnen Holz. Das sind alles sehr wichtige und knappe Güter! „Haushalt Aktuell“ sollte das letzte sein, wofür wir sie verschwenden.

Katja Dombrowski ist freie Journalistin, lebt in Friedberg und engagiert sich ehrenamtlich bei den Wetterauer Grünen. Der Meinungsbeitrag spiegelt allein die Meinung der Kolumnistin wieder.