Unser Kreiswahlprogramm

Wir können Wetterau

Wir GRÜNEN sind die Klimapartei. Wir haben die Konzepte für wirksamen Klimaschutz und den politischen Willen, sie umzusetzen – mit den Menschen, aber auch gegen konservative Beharrungskräfte.

Unser Wahlprogramm spiegelt darüber hinaus die Vielfalt unseres politischen Themenspektrums:

GRÜNES KREISWAHLPROGRAMM FÜR DIE WETTERAU 2021 (pdf zum Download)

1. Vorwort


Die Zeit des „Weiter wie gehabt“ ist vorbei. Klimawandel und Artensterben und aktuell auch die Corona-Pandemie zeigen deutliche Grenzen auf. Doch Veränderung ist kein Grund zur Panik, im Gegenteil: Sie birgt eine große Chance. Es liegt in unserer Hand, unsere Art zu leben und zu wirtschaften so zu gestalten, dass erhalten bleibt – was uns lieb und teuer ist – auch für die Generationen, die nach uns kommen. Was nicht mehr geht, ist immer mehr Wachstum und Konsum auf Kosten der Natur und von Menschen in ärmeren Teilen der Welt. Zu gewinnen ist hingegen eine Art von Wohlstand, die sich nicht materiell bemisst, sondern in Lebensqualität. Eine Gesellschaft, die niemanden zurücklässt, eine Wirtschaft, die die planetaren Grenzen beachtet, Gemeinsamkeit statt Einzelkampf. Jetzt ist die Chance, die Welt in diese Richtung zu verändern. Lasst uns in der Wetterau damit beginnen, indem wir Klimaschutz ernst nehmen, die Landschaft erhalten, die Dörfer stärken, den Schwächsten der Gesellschaft die nötige Hilfe und den Jungen die bestmöglichen Chancen bieten. Die Liste ist lang, unser Wahlprogramm ist es auch. Wir GRÜNEN stehen für die Wende, die dringend nötig ist.

2. Klimapolitik

Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit, wenn nicht sogar die größte überhaupt. Das im Pariser Klimavertrag vereinbarte Ziel, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, kann nur erreicht werden, wenn auf sämtlichen Ebenen alle Beteiligten das in ihrer Macht Stehende dazu beitragen. Es ist somit die Pflicht des Wetteraukreises, die Klimaschutzziele und die relevanten Maßnahmen in Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel zu bringen. Wir orientieren uns in der konkreten Zielsetzung an den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das bedeutet, den Klimaschutz deutlich stärker als bisher zu betreiben und in allen Handlungsfeldern mit Priorität zu berücksichtigen. Der Klimawandel schreitet voran und ist auch in der Wetterau immer mehr spürbar ist. Daher muss der Kreis seine Maßnahmen zur Klimaanpassung forcieren.

Klimaschutz und Klimaanpassung gehören in das Bildungsprogramm der Schulen, der Volkshochschule und der Fortbildung von Mitarbeiter*innen. Eine kreisweit tätige Beratungsstelle zu diesen Themen soll eingerichtet werden.

2.1 KLIMASCHUTZ

Das im September 2020 vom Kreistag verabschiedete Klimaschutzkonzept für den Wetteraukreis sowie die Klimaschutzziele sind unzureichend. Beide bedürfen einer umgehenden Neufassung. Die Klimaschutzziele müssen so formuliert sein, dass sie den Vorgaben des Pariser Vertrages entsprechen. Folglich ist eine Überarbeitung des Klimaschutzkonzeptes für den Kreis unter Berücksichtigung aller Treibhausgase, sowie der hieraus abgeleiteten Aktionsprogramme erforderlich.

Kreiseigene Gebäude
Der Kreis muss bei seinen Gebäuden im Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangehen. Die nachhaltige energetische Sanierung hat zügig zu erfolgen. Nachhaltigkeit bedeutet auch Dämmmaterialien einzusetzen, die umweltfreundlich erneuert und/oder recycelt werden können. Bei allen Gebäuden muss geprüft werden, ob sie sich für Photovoltaikanlagen und Solarthermie eignen. Sofern möglich, werden sie mit Solarmodulen ausgestattet. Die Heizungsanlagen müssen überprüft werden und sollen im Austauschfall nicht mit Öl oder Importgas betrieben werden, sondern u.a. mit Wetterauer Holzresten betriebenen BHKW´s. Für die Instandhaltung und Pflege der Liegenschaften sind umweltfreundliche Geräte einzusetzen.

Mobilität
Die Fahrzeugflotte des Kreises muss klimafreundlich werden. Das umfasst die Anschaffung von motorisierten Fahrzeugen mit einer geeigneten klimafreundlichen Technologie, Fahrrädern und Lastenrädern. Der Fuhrpark wird sukzessive umgestellt. Zusammen mit der Stadt Friedberg oder anderen Behörden und Unternehmen an den Dienstsitzen des Wetteraukreises werden wir die gemeinschaftliche Nutzung von Dienstfahrzeugen prüfen. Geprüft werden soll, ob an arbeitsfreien Tagen und abends die Fahrzeuge auch Bürger*innen zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Die Kreisverwaltung zeigt sich offen für private Carsharing-Angebote an Behördenstandorten, um durch Beteiligung eine Mindestnachfrage zu gewährleisten. Bei Dienstreisen soll überprüft werden, ob die Nutzung von Fahrzeugen vermeidbar ist, oder aber Fahrgemeinschaften gebildet werden können. Sofern möglich, sind öffentliche Verkehrsmittel zu bevorzugen.

Landwirtschaft
Die Landwirtschaft ist eine der Ursachen von klimaschädlichen Gasen. Ihre Emission kann nicht vollends vermieden werden. Doch kann sie durch einen anderen Einsatz von Produktionsmitteln (Dünger, Pflanzenschutz), sowie eine andere Art der Tierhaltung und -versorgung verringert werden. Der Humusaufbau anstelle von Humusabbau ist ein wichtiges Kennzeichen klimafreundlicher Landwirtschaft. Ökologischer Landbau kann den Humus mehren und damit CO2 im Boden binden. Auch aus diesem Grund wollen wir den Flächenanteil des Ökolandbaus in der Wetterau weiter steigern. Der Wetteraukreis soll seinen Einfluss auf das Land Hessen nutzen, damit die Betriebe noch stärker in diese Richtung beraten werden.
Grünland bindet wesentlich mehr Kohlenstoff als Ackerland. Die Umwandlung von Grünland in Ackerland soll daher nicht mehr genehmigt werden.

Landnutzung
Intakter Boden – vor allem Oberboden – ist einer der wichtigsten Kohlenstoffspeicher der Erde. Ein schonender Umgang mit Boden ist unabdingbar. Weitere Versiegelung ist zu vermeiden.
Wir setzen uns dafür ein, den Flächenverbrauch auch in der Wetterau bis 2030 auf Netto-Null zu senken, auch wenn der Versiegelungsdruck größer als in anderen Regionen ist. Hier hat der Kreis eine wichtige Funktion-Kreisbehörden werden in allen Genehmigungsverfahren angehört und geben bei Erfordernis kritische Stellungnahmen ab. Das erfolgte in den letzten Jahren zu selten. Das dient nicht nur Natur, Landschaft und Klimaschutz, sondern wird auch zur Wahrung der Interessen der Landwirt*innen durchgeführt.

Auftragsvergabe
Klimafreundliche Varianten bei Anschaffungen oder Vorhaben erscheinen auf kurze Sicht oft teurer als klimaschädliche Lösungen. Daher müssen für sämtliche Auftragsvergaben und Ausschreibungen klimaschutzgerechte Rahmenbedingungen festgelegt werden. Bei Wirtschaftlichkeitsrechnungen sind externe Kosten und die absehbare Kostenentwicklung fossiler Energien zu berücksichtigen. CO2-Emissionen bei Produkten und Projekten müssen über die gesamte Lebens- bzw. Laufzeit in alle Wirtschaftlichkeitsrechnungen einfließen (CO2-Schattenbepreisung).

Beschaffungswesen
Das Beschaffungswesen des Kreises muss auf die Bevorzugung klimafreundlicher Produkte umgestellt werden. Dabei ist, wo immer möglich, die Gesamtbilanz des Produktes zu betrachten, also auch Langlebigkeit, faire Herstellung, Länge der Transportwege.

Abfall
Die Reparatur von Produkten hat zumeist die beste Gesamtbilanz. Initiativen und Firmen, die sich mit Reparatur befassen, sind zu fördern. Die Wiederverwertung von Erzeugnissen und Rohstoffen hat in aller Regel eine bessere Klimabilanz als die thermische Entsorgung. Aus diesem Grund muss das Recycling ausgebaut und die Recyclingquote erhöht werden.

Klimavorbehalt
Alle Entscheidungen des Kreistages werden von uns unter Klimavorbehalt gestellt. Klimatische Auswirkungen müssen bei allen politischen Entscheidungen Berücksichtigung finden. Grundsätzlich sollte der auf lange Frist klimafreundlichsten Variante der Vorzug gegeben werden. Kreistagsvorlagen sind entsprechend vorzubereiten.

2.2 KLIMAANPASSUNG

Die durch die Erderwärmung bedingten Herausforderungen sind in der Wetterau zwischen Städten und ländlichen Kommunen unterschiedlich. Phänomene wie Überwärmung, Dürre und Starkregen wirken sich lokal unterschiedlich aus, deren Auswirkungen überfordern viele Kommunen. Wir wollen mit einem neuen Arbeitsgebiet in der Kreisverwaltung unter der Bezeichnung Klimaanpassung in der Wetterau notwendige kommunale Maßnahmen auf Kreisebene anstoßen, bündeln, unterstützen und dabei helfen, Fördermittel auf Europa-, Bundes- und Landesebene einzuwerben.

Klimaanpassung gilt auch für den Zuständigkeitsbereich der Wetterau. Dazu gehören Zisternen, Regenrückhaltebecken, Dachbegrünung bei kreiseigenen Bestandsgebäuden und Neubauten, sowie die Ausweitung von Retentionsflächen an Wasserläufen, um Starkregenereignisse abzumildern.
Auf den Grundstücken der kreiseigenen Behörden und Schulen müssen Vorkehrungen zur Hitzeprävention getroffen werden. Geeignete Schutzmaßnahmen sind beispielsweise Gründächer, Baumpflanzungen, andere Formen der Verschattung (z. B. durch Photovoltaikanlagen), Beachtung der Frischluftzufuhr und bauliche Veränderungen für bessere Durchlüftung.
Zum Schutz der Bevölkerung soll ein kreisweites Projekt mit dem Ziel initiiert werden, allen Kommunen Karten über die Gefährdung durch Starkregen zwecks Information, Planung und Gefahrenabwehr zur Verfügung zu stellen.

3. Soziales

Angesichts der Coronakrise und deren Auswirkungen ist eine verlässliche Sozialpolitik besonders wichtig. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie führen bei vielen Menschen zu Einkommenseinbußen. Geringere Familieneinkommen wirken sich unmittelbar auf die Situation von Kindern aus. Die derzeitige Krise erfordert Solidarität durch entsprechende Ausgaben für unterstützende Sozialleistungen. Der Zugang zu unentgeltlichen Leistungen im sozialen Bereich – wie Beratung und Förderung – ist aufgrund der Krise notwendiger als zuvor. Es darf hier keine Kürzungen geben.

Leistungen für soziale Hilfen sollen unter Berücksichtigung des demografischen Wandels ausgebaut werden.

3.1 FRAUEN UND GENDERPOLITIK

Seit 2018 ist die von Deutschland unterzeichnete Istanbul-Konvention, ein Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung und zur Verhütung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, geltendes Recht. Sie verleiht Gleichstellungsarbeit unverkennbar viel Gewicht. Die Umsetzung der Istanbul-Konvention im Kreis muss vorangetrieben und sichergestellt werden. Wir fordern den Ausbau des Berichtswesens, sowie die Erstellung von Studien und Untersuchungen zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen auf Kreisebene. Aufklärungs- und Präventionsarbeit über geschlechtsspezifische Gewalt muss u. a. auch an Schulen verstärkt werden.
Es sind finanzielle Mittel zur Sicherstellung und zum Ausbau von Zufluchtsmöglichkeiten in Form von Frauenhäusern und Schutzeinrichtungen für Frauen und Kinder bei akuter Gewalterfahrung, für Fachberatung, medizinische Versorgung und Therapie, sowie Angebote für Kinder als Betroffene und Zeug*innen von Gewalt bereit zu stellen. Frauennothilfe und Vereine sowie Selbsthilfeorganisationen müssen durch finanzielle Förderung eine nachhaltige Aufwertung erfahren. Die Prävention und Hilfesysteme für geflüchtete Frauen und Frauen mit Beeinträchtigungen sind stetig zu überprüfen, an die Bedürfnisse anzupassen und auf finanziell verlässliche Füße zu stellen. Das Angebot und die Nutzungsmöglichkeiten im öffentlichen Nahverkehr spät abends und nachts soll aus geschlechtsspezifischer Sicht deutlich verbessert werden.
Gender-Budgeting wird als Grundsatz der Haushaltsaufstellung angestrebt. Gender-Mainstreaming muss in allen Strukturen und Handlungsabläufen der Kreisverwaltung und der Jobcenter implementiert werden, so dass die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Karriere weiter verbessert wird. Weitere Instrumente für die Gleichstellung der Geschlechter sollen entwickelt werden Die Frauenbeauftragte des Kreises wird jährlich im Kreistag über ihre Arbeit berichten.
Der Kreisverwaltung kommt bei politischen und verwaltenden Maßnahmen eine besondere Vorbildfunktion zu. Wir fordern, dass die Kreisverwaltung allen Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Identität selbstverständlich die gleichen Berufschancen bietet und bestehende Einstellungs- und Aufstiegshindernisse beseitigt. Um der nach wie vor bestehenden Dominanz von Männern in der Kreispolitik entgegen zu wirken, wird eine stärkere Besetzung öffentlicher Kreisveranstaltungen und Fachkonferenzen mit Frauen als Expertinnen und Referentinnen angestrebt. Wir unterstützen eine geschlechterparitätische Besetzung der Kreisverwaltung, ihrer Gremien und Betriebe. Im Verwaltungshandeln ist eine antidiskriminierende und geschlechtersensible Sprache anzuwenden.
Der Kreis ist Unterzeichner der Charta der Vielfalt. Wir wollen zusammen mit dem Diversitätsbeirat das Engagement in diesem Bereich verstärken.

3.2 LSBT*IQ

Wir wollen eine offene und vielfältige Gesellschaft in der Wetterau. Wir setzen uns für die Selbstbestimmung und Akzeptanz von lesbischen, schwulen, queeren, bi-, trans-, a- und intersexuellen Menschen (LSBT*IQ) in der Wetterau ein. Die Sichtbarkeit von LSBT*IQ-Menschen, sowie deren regionale Interessensvertretungen und Selbstorganisationen, soll gefördert oder die Gründung solcher Einrichtungen unterstützt werden. Es wird die Schaffung einer Beratungsstelle / Anlaufstelle / Ansprechpartner*in in der Kreisverwaltung angestrebt. Fortbildungsveranstaltungen zum Thema für die Mitarbeitenden der Verwaltung werden angestoßen.
Darüber hinaus soll der Kreis den öffentlichen Diskurs durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit ausbauen und einen Preis zur Auszeichnung von Engagement und Aktionen gegen Homophobie und Transfeindlichkeit ausloben.

3.3 FAMILIEN

Durch die Stärkung von Elterninitiativen wird auch möglicher Kindeswohlgefährdung frühzeitig entgegengewirkt. In den Schulen soll der Kreis im Rahmen seiner Möglichkeiten einen Beitrag zum Einsatz multiprofessioneller Teams leisten. Der Kreis hat die Aufgabe, für das Berufsbild Erzieher*in zu werben, um mehr junge Menschen, insbesondere auch Männer für diesen Beruf zu gewinnen. Auf die Möglichkeit des Verdienstes in der Ausbildung und Angebote von Stipendien sowie die berufliche Qualifizierung muss besonders hingewiesen werden.
Wir werden einen Kreiskita-Elternbeirat begründen. Dabei sollen einrichtungsübergreifende Strukturen in den Kommunen berücksichtigt werden.
Die Einrichtungen der Familienzentren sollen im Kreisgebiet möglichst ausgebaut und deren Angebote um psychosoziale Beratungen erweitert werden. Insgesamt ist eine stärkere Abstimmung zwischen Kinder- und Jugendarbeit anzustreben.

3.4 JUGEND

Jugendhilfe und Jugendsozialhilfe sind finanziell nachhaltig zu gestalten. Unter anderem sind dabei die Entgeltsätze anzupassen.
Wir setzen uns für die Ausweitung der politischen Bildungsarbeit für Jugendliche ein. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Aufklärung und Sensibilisierung gegenüber Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus. Jugendprojekte sollen international und nicht nur zwischen europäischen Staaten angeboten werden. Jugendlichen sollen Möglichkeiten der Partizipation eröffnet werden. Der Kreisschülerrat soll an geeigneter Stelle im Verwaltungshandeln des Kreises eingebunden werden und an der politischen Beratung teilhaben.

3.5 JUGENDGÄSTEHAUS HUBERTUS

Das Jugendgästehaus Hubertus muss wieder in Betrieb genommen werden. Es soll ein Ort zeitgemäßer Jugendbildungsangebote sein. Darüber hinaus sind andere Nutzungenformen (Naturschutzeinrichtungen, Co-Working-Arbeitsplätze) denkbar. Die Gespräche mit der Stadt Butzbach über die Zukunft der Einrichtung sollen diesem Ziel dienen.

3.6 INTEGRATION

Wir wollen eine offene interkulturelle Gesellschaft mit gerechten Möglichkeiten im Rahmen von Partizipation, Ausbildung und beruflichem Aufstieg für alle. Die von verschiedenen Stellen geleistete konstruktive Integrationsarbeit im Kreis soll unterstützt und, wo immer dies nötig ist, gefördert werden. Dadurch soll der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt und vor Angriffen geschützt werden. Die Integration und gesellschaftliche Teilhabe geflüchteter und zugezogener Personen soll weiterhin mit Sprachkursen und Unterstützung aus dem Ehrenamt gefördert werden. Die oft prekäre Wohnsituation Geflüchteter muss deutlich verbessert werden. Der Kreis soll sich für die Aufnahme insbesondere von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden, sowie für Familienzusammenführungen von Geflüchteten einsetzen und die Resolution zur Initiative Sichere Häfen unterzeichnen bzw. dem Bündnis beitreten.
Auch migrantische Bürger*innen sollen auf Kreisebene ein festes Beteiligungsgremium erhalten, analog den Ausländerbeiräten in den Kommunen. Die konstruktive Zusammenarbeit mit den Flüchtlingsinitiativen soll beibehalten und, wo erforderlich, ausgebaut werden.

3.7 LEBEN MIT BEHINDERUNG

Die konsequente Umsetzung der Behindertenrechtskonvention und der Abbau von Barrieren – nicht nur für körperlich eingeschränkte Menschen – soll weiter vorangebracht werden. Die Erfahrungen des Projektes Modellregion Wetterau sollen genutzt und weiterentwickelt werden.
Nicht nur Wohnungen, Gebäude und Verkehrseinrichtungen sind möglichst barrierefrei für alle Formen der körperlichen oder sinnlichen Beeinträchtigungen zu gestalten, sondern auch Informationsangebote im Internet müssen barrierefrei dargestellt bzw. angeboten werden. Menschen mit eingeschränkter Seh- oder Hörfähigkeit soll so der ungehinderte Zugang zu Informationen ermöglicht werden. Dies gilt auch für Broschüren und andere Informationen, die in leichter Sprache verfügbar sein sollen. Hier setzen wir uns dafür ein, dass der Kreis eine Vorbildfunktion für Kommunen und andere Institutionen im Kreis übernimmt.

3.8 LEBEN IM ALTER

Die Mehrheit der Senior*innen möchte auch im Alter im vertrauten Wohnumfeld bleiben und ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen. Hierfür setzen wir uns ein. Um dieses Ziel zu erreichen, sind vorzugsweise in Innenstädten und Ortskernen wohnortnahe Angebote notwendig, die barrierefreies Wohnen mit Einzelhandel und Ärzt*innen über kurze Wege verbinden. Wir unterstützen die Förderung und Schaffung von Mehrgenerationenhäusern als kulturelle Einrichtungen, da sie eine soziale Durchmischung und Teilhabe am gemeinschaftlichen Leben gewährleisten.
Wir wollen, dass der Wetteraukreis die Selbstorganisation von alten Menschen unterstützt, z. B. durch die Schaffung von Seniorenkreisen oder Förderung von Eigeninitiativen zur Einrichtung von Senioren-Wohngemeinschaften.
Der Seniorenbeirat des Kreises ist ein wichtiger Ansprechpartner, wenn es darum geht, die Wetterau auch auf die Belange einer älter werdenden Gesellschaft auszurichten. Zu einem selbstbestimmten Leben im Alter gehört auch die Sicherstellung der Versorgung mit Dingen des täglichen Bedarfes im ländlichen Raum. Hier gibt es zahlreiche Möglichkeiten: Die Umsetzung von so genannten DORV-Konzepten (Dienstleistung und ortsnahe Rundum-Versorgung), die Förderung von Genossenschaftsläden, die zu Bürgerbegegnungszentren werden können, aber auch der Ausbau des Angebotes an Bestell- und Bring-Diensten. Wichtige Elemente sind Nachbarschaftshilfen und ein aktives Vereinsleben, die ein Wir-Gefühl entstehen lassen und Neues wagen.

3.9 WOHNUNGSPOLITIK

Wir wollen, dass sich der Kreis in die Schaffung von Wohnraum für Menschen aller Einkommensschichten, unterschiedlichen Alters, verschiedener Herkunft, mit und ohne Behinderung und für jede Form des Zusammenlebens einbringt. Die entstehende Wohnungsbaugesellschaft des Kreises muss diesem Ziel dienen und alle Kommunen, die es wünschen, bei der Bereitstellung eines solchen Wohnraumangebotes unterstützen.
Der Kreis soll sich für ein Angebot an Sozialwohnungen im Kreisgebiet engagieren. Diese Sozialwohnungen sind zum Teil barrierefrei und altersgerecht zu gestalten. Sie müssen dort vorrangig geschaffen werden, wo geringverdienende Menschen keinen bezahlbaren Wohnraum finden.

3.10 BERATUNG

Der Kreis hat zentrale Rentenberatungsstellen in Friedberg und Büdingen. Wir beabsichtigen eine Ergänzung des Angebotes um digitale Leistungen und um weitere Vor-Ort-Beratungen in Kooperation mit den Kommunen, wo es solche Angebote nicht gibt. Generell sollte der Kreis den Bürger*innen eine niederschwellige Übersicht aller Angebote und Sozialleistungen im Kreisgebiet zugänglich machen.
Die Fortschreibung und Anpassung der Sozialberichterstattung ist mit dem Landessozialbericht abzugleichen. Die Ausgaben im Sozialbereich sollen einem Ausgaben-Controlling unterzogen werden, um etwaige Auffälligkeiten frühzeitig zu erkennen und diesen gegebenenfalls entgegenzuwirken.
Aus Sicht der Senior*innen bedarf es insbesondere eines flächendeckenden Beratungsangebotes, das über Pflege und Betreuung informiert und die Unterstützungsmöglichkeiten transparent darstellt.

3.11 EHRENAMT

Ohne Ehrenamtliche sind viele wesentliche Aufgaben in unserem gesellschaftlichen Zusammenleben kaum noch zu bewältigen. Dies gilt beispielsweise für Kinder- und Jugendarbeit, die Betreuung älterer Menschen, die Flüchtlingshilfe und den Sport. Um dieses Engagement dauerhaft aufrecht zu erhalten, ist es wichtig, dass neue Formen der Kooperation aller Beteiligten erprobt und umgesetzt werden. Der Kreis kann Kommunen darin unterstützen und fachkundig begleiten.

4. Mobilität

Das Angebot einer leistungsfähigen, klimafreundlichen und attraktiven öffentlichen Verkehrsinfrastruktur wird für den Wetteraukreis mit seiner besonderen Lage vor den Toren von Frankfurt am Main und seiner Fläche eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre sein. Mobilität wird übergreifend für verschiedene Arten der Fortbewegung geplant.

Ziel ist eine intelligente Vernetzung verschiedener Mobilitätsangebote, die allen Menschen klimafreundliche Fortbewegung zu erschwinglichen Preisen bei einem klar strukturierten Preissystem ermöglicht.

Die regelmäßige Nutzung von Bahn- und Busverbindungen auf möglichst vielen Strecken soll um flexible Abrufangebote (z. B. Anrufsammeltaxen), Carsharing (auch in Ortsteilen) sowie Fahrrad- und E-Bike-Verleih ergänzt werden. Ein verlässlicher, leistungsfähiger öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) mit guten Anschlussmöglichkeiten für die so genannte ‚letzte Meile‘ zum jeweiligen Ziel bietet Berufspendler*innen praktikable und günstige Alternativen zum Auto.

Der Verkehr hat eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz. Neben der Wärmegewinnung ist es dieser Sektor, der für einen erheblichen Anteil an klimaschädlichen Gasen verantwortlich ist. Hier gilt es in den nächsten Jahren konsequenter als je zuvor gegenzusteuern. Unser großes Ziel ist es, allen Menschen im Wetteraukreis eine attraktive wie umwelt- und klimafreundliche Mobilität zu gewährleisten. Klimaschutz bei der Mobilität bedeutet insbesondere, unnötige Fahrten zu vermeiden. Im ländlichen Raum gehören daher auch der konsequente Ausbau von schnellem Internet, eine gute Erreichbarkeit von Behörden sowie der einfache Zugriff auf Informationsquellen dazu.

Für diese Ziele soll der Wetteraukreis auch seinen Einfluss in Gremien der Verkehrsverbünde nutzen, in denen er Mitspracherecht besitzt.

Wegweisend war die Einführung des Jobtickets für die Mitarbeiter*innen des Wetteraukreises.

4.1 BAHN

Der Wetteraukreis verfügt über zahlreiche Schienenverbindungen. Sie sollen in den nächsten Jahren ertüchtigt, ausgebaut oder reaktiviert werden. Die notwendigen Maßnahmen dazu sind oft sehr aufwändig. Umso mehr gilt es, mit allem politischen Nachdruck und Unterstützung diese Projekte voranzutreiben und Hindernisse schnellstmöglich auszuräumen.
Die Main-Weser-Bahn wird bis Ende 2023 um zwei Gleise von Frankfurt-West bis Bad Vilbel erweitert. Der Planungsprozess des weiteren Ausbaus bis Friedberg sollte möglichst schon vor Ende dieses Bauabschnitts in Angriff genommen werden, um Verzögerungen in der zeitlichen Planung auszuschließen.
Wir fordern eine bessere Anbindung von Nidda. Dazu wollen wir die Horlofftal-Strecke naturverträglich ausbauen und elektrifizieren. Hier kann eine neue Express-S-Bahn-Linie (S10) mit entsprechender Taktung die größeren Orte mit wenigen Zwischenhalten an Frankfurt anschließen.
Die Niddertalbahn soll bis 2027 abschnittsweise auf zwei Gleise erweitert und elektrifiziert werden, um ein leistungsfähigeres Angebot vorzuhalten. Dieses Projekt hat eine hohe Relevanz für viele Pendler*innen und soll von Seiten des Kreises mit allem Nachdruck unterstützt werden.
Der Kreis soll sich für den Ausbau der Strecke Friedberg-Friedrichsdorf mit Halt an der ehemaligen Friedberger Kaserne und Verlängerung bis nach Bad Homburg einsetzen.
Die Bahnverbindung Wölfersheim-Hungen soll schnellstmöglich reaktiviert werden, um eine durchgehende Schienenverbindung aus dem Landkreis Gießen bis nach Frankfurt am Main herzustellen.
Eine Machbarkeitsstudie für eine Bahnlinie/Seilbahnverbindung von Nieder-Wöllstadt durchs Niddatal bis nach Ranstadt soll in Auftrag gegeben werden.
Deutliche Angebotsverbesserungen auf allen Wetterauer Bahnstrecken sollen angestrebt werden.
Um einen attraktiven Schienenverkehr vorzuhalten, ist ein zuverlässiges Funktionieren des operativen Systems notwendig. Informationen, Anschlüsse, Pünktlichkeit, Verlässlichkeit bei den Bahnangeboten sollen gegeben sein.

4.2 BUS

Bei den Busverbindungen setzen wir uns für eine mindestens stündliche Verbindung werktags in der Zeit von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr im gesamten Busverkehrsbereich ein. Auf stark nachgefragten Strecken soll ein halbstündiger Takt angeboten werden. Insbesondere müssen die lange vernachlässigten Ost-West-Verbindungen deutlich verbessert und ergänzt werden. Die Stichverkehre zwischen Ortsteilen, die über mindestens zwei Straßenanbindungen verfügen, sollen möglichst wegfallen.
Anzustreben ist ein integraler Taktfahrplan an allen Bahnhöfen zwischen der Schnittstelle Bahn und Bus. Anschlüsse sollen ohne lange Wartezeiten ermöglicht werden. Ruftaxen oder ähnliche innovative Lösungen, die flexible und individuelle Verbindungen ermöglichen, aber dem starren Taktbetrieb nicht entsprechen, sind zu fördern und zu prüfen.
Die Kapazität in den Bussen soll langfristig erhöht werden, damit möglichst jede*r bei längeren Fahrten auch einen Sitzplatz nutzen kann.
Die Busflotten sollen sukzessive auf umweltfreundliche Antriebe umgestellt werden. Die EU-Richtlinie zur Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge (‚Clean Vehicles Directive‘) formuliert dazu Mindestquoten für die Beschaffung ‚sauberer‘ Fahrzeuge (Busse). In der ersten Umsetzungsperiode vom 02.08 2021 bis 31.12.2025 beträgt die Quote für Deutschland insgesamt 45 %. Davon soll mindestens die Hälfte einen emissionsfreien Antrieb haben. In diesen Zeitraum fallen im Verbandsgebiet des Zweckverbands Oberhessische Versorgungsbetriebe (ZOV) die Neuvergaben von Buslinienbündeln, davon sechs im Wetteraukreis.
Im ZOV wollen wir erreichen, dass im Zuge von Ausschreibung und Neuvergabe ein deutlicher Beitrag zur Umsetzung dieser Richtlinie geleistet wird.

4.3 RADWEGE

Der Ausbau der Radinfrastruktur im Kreisgebiet ist wichtig. Sie ist, verglichen mit anderen Verkehrsträgern, am stärksten entwicklungsbedürftig. Mit Fahrrädern, die mit Elektrounterstützung betrieben werden, sind (Arbeits-)Wege von 20 km und mehr gut zu bewältigen. Insofern gibt es hier ein großes Potential zur Entlastung der Straßen, als Beitrag zum Klimaschutz und zur eigenen Gesundheit. Voraussetzung ist jedoch eine attraktive und sichere Radwegeinfrastruktur.
Wir setzen uns für eine durchgehende, schnelle Radverbindung zwischen Gießen und Frankfurt am Main ein. Neben dieser Nord-Süd-Verbindung ist ebenfalls eine leistungsfähige Radwegeanbindung der östlichen Wetterau nach Frankfurt am Main zu prüfen.
Zwischen dem östlichen und westlichen Kreisteil werden wir einen Lückenschluss sämtlicher noch nicht ausgebauter Radwegebeziehungen vorantreiben, zwischen Ortsteilen der einzelnen Kommunen im Kreisgebiet ebenso.
Entlang aller klassifizierten Straßen sollen direkt daneben oder im näheren Umfeld Radwege angelegt werden, die im Hinblick auf Steigung und Strecke für Radfahrende optimiert sind. Sofern solche Radwege dort nicht realisierbar sind, sollen alternative Radwegeführungen geprüft und baulich umgesetzt werden, die nicht zu erheblich längeren Strecken, höheren Steigungen oder Risiken wie zahlreiche Querungen führen.
Der Wetteraukreis soll alle Baulastträger von Radwegen und gemeinsam (zumeist landwirtschaftlich) genutzten Wegen dazu anhalten, diese für ein ungehindertes und gefahrenfreies Befahren mit Rädern instand zu halten.

4.4 STRASSEN

Der Neubau von Straßen, insbesondere kostspieliger Umgehungsstraßen, die die Landschaft zerschneiden und fruchtbaren Boden vernichten, ist kein Mittel einer zukunftsweisenden Verkehrsinfrastruktur. Der Verkehrsfluss soll, wo immer möglich, verbessert werden. Insbesondere sollen Ampelkreuzungen zurückgebaut und stattdessen Kreisverkehre angelegt werden.
Die Kreisstraßen sollen in Ergänzung zum übrigen Straßennetz erhalten werden.
Um die Attraktivität des Umstiegs auf den Öffentlichen Nahverkehr für Autofahrer*innen zu erhöhen, müssen das Angebot an Park-and-Ride-Plätzen erhöht und bestehende Parkmöglichkeiten erweitert werden.
Mit den Eigentümer*innen dieser Plätze sind Gespräche mit dem Ziel zu führen, die Nutzung möglichst günstig, wenn nicht gar gänzlich kostenfrei zu gestatten.
Im Kreisgebiet soll das Angebot an Lademöglichkeiten für E-Autos und E-Bikes weiter ausgebaut werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass bedarfsgerechte Ladepunkte vorgehalten werden.

5. Natur und Landschaft

Der Schutz von Natur und Umwelt ist ein zentrales Motiv unseres politischen Engagements. Wir wollen, dass der sorgsame Umgang mit unseren Lebensgrundlagen zur Prämisse für alle politischen Handlungsebenen des Wetteraukreises wird.

Naturschutz zielt in Mitteleuropa vor allem auf die Bewahrung artenreicher Kulturlandschaften.

Der Wetteraukreis trägt eine besondere Verantwortung für Auen, Streuobstwiesen und Buchenwälder.

Die Biodiversitätskrise (Stichworte: Insektensterben und immer längere Rote Listen) ist eine ebenso dramatische Entwicklung wie der Klimawandel und eng mit diesem verknüpft. Wir müssen Arten- und Lebensraumschutz unter sich stark verändernden Standortbedingungen vorantreiben. Nachweislich effektive Maßnahmen sind neu zu entwickeln oder von anderer Stelle zu übernehmen. Das Schutzgebietssystem ist auszubauen und gut zu managen. Biodiversitätsfördernde Landwirtschaft muss unterstützt werden.

Die Obstwiesen sind in der Wetterau als Biotop besonders prägend. Wir bekennen uns zu den Zielen der Borsdorfer Erklärung von 1925 zum Schutz des heimischen Streuobsts. Problematisch ist die mangelnde Nutzung und Pflege der Bestände. Die nötigen Maßnahmen sind lange bekannt. Was fehlt, ist ein koordiniertes Vorgehen. Mittels einer Initiative zur Förderung der Streuobstwiesen wird sich der Kreis mit dem Naturschutzfonds Wetterau in regionalen und nationalen Gremien stärker engagieren. Zusammen mit Institutionen der Umweltbildung können neue Zielgruppen, wie beispielsweise junge Familien und Senior*innen dafür gewonnen werden, bei Nutzung und Pflege der wertvollen Landschaftsbestandteile mitzumachen. Obstwiesen sollen nur noch im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen anerkannt werden, wenn ein langfristiges Nutzungskonzept vorliegt.

Das ehrenamtliche Engagement von Verbänden und Vereinen, die im Umwelt- und Naturschutz aktiv sind, soll gefördert werden. Dies gilt insbesondere für die Beteiligung der Jugend.

Besonderes Augenmerk legen wir auf die folgenden Themen:

  • Engagierten Schutz aller noch vorhandener Feuchtflächen und Retentionsflächen
  • Wiedervernässung trockengefallener Flächen und ehemaliger Feuchtflächen, gegebenenfalls im Zuge von Flächenentsiegelungen
  • Im Schulterschluss von Naturschutz, Land-, Forst- und Wasserwirtschaft ökologisch hochwertige Flächen neu als Schutzgebiete ausweisen, bevor sie artenverarmt sind. Auf diesen Flächen sollten zukunftsfähige Bewirtschaftungsmethoden praktiziert werden (z. B. ökologischer Landbau, Hessisches Programm für Agrarumwelt- und Landschaftspflegemaßnahmen (HALM), tierartenspezifische Methoden, beispielsweise für Feldvögel wie Rebhuhn oder Feldlerche)
  • Ausweisung eines ‚Naturschutzgebietes Steinbachtal‘
  • Schutz der Insekten vor Lichtverschmutzung, insbesondere bei großen Industrieanlangen

5.1 RAUMORDNUNG UND BAULEITPLANUNG

Mittels Dokumentation der Zuwächse und Verbräuche an Ressourcen sollen Veränderungen im Naturhaushalt nachgehalten werden. Auf dieser Grundlage wollen wir einen Ressourcenschutzplan für den Umwelt- und Naturschutz erstellen.
Unter unserer politischen Führung wird sich der Wetteraukreis in der Genehmigungspraxis sowie bei Stellungnahmen in den übergeordneten Gremien der Planungsverbände und des Landes Hessen sehr kritisch zum Flächenfraß äußern. Der Kreistag wählt die Abgeordneten der für die Regionalplanung zuständigen Regionalen Planungsversammlung Südhessen. Unsere Abgeordneten werden sich für eine Entwicklung der Region einsetzen, die sich an ökologischer Verträglichkeit und der Eindämmung bzw. der Anpassung an den Klimawandel orientiert.

Unsere Ziele
• Begrenzung und mittelfristige Beendigung des Flächenverbrauchs (‚Netto-Null‘) – Das heißt nicht, dass nicht mehr gebaut wird, sondern planvoll und angemessen mit vorrangiger Erschließung von Konversionsflächen und innerörtlichen Brachen, sowie einer angemessenen Verdichtung im Wohnflächenbestand.
• Entwicklung und Wiederbelebung der Ortskerne
• Einführung eines digitalen Leerstandskatasters und Unterstützung bei der Vermarktung von sanierungsbedürftigen und denkmalgeschützten Immobilien um Wohn- und Gewerberaum in dörflichen Lagen schaffen und um der Zersiedlung sowie dem Flächenverbrauch entgegenzuwirken
• Neue Siedlungsflächen nur im Einzugsbereich leistungsfähiger Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs
• Schutz von landwirtschaftlichen Flächen mit hoher Bodenqualität vor Bebauung
• Keine neuen Wohngebiete und Gewerbeflächen auf bislang unversiegeltem Boden
• (Um-)Gestaltung neuer und bestehender Wohnsiedlungen zur Förderung der Klimaresilienz
• Gewährleistung wohnungsnaher Versorgung durch ein regionales Einzelhandelskonzept
• Aktive Freiraumsicherung mit Aufwertung der ökologischen Qualität, auch zu Erholungszwecken
• Vernetzung der Freiflächen mittels regionaler Grünzüge
• Dauerhafte Freihaltung von Auen und Kaltluftschneisen
• Schutz der natürlichen Ressourcen (Grundwasser) sowie Minimierung der Rohstoffausbeutung
• Stärkung einer menschen- und umweltgerechten Mobilität durch Integration unterschiedlicher Verkehrsmittel
• Wirksame planerische Minderung des Straßen-, Bahn- und Fluglärms
• Freihaltung von geeigneten Flächen für die Windenergie und Steuerung der Nutzung von Solarenergie, Geothermie, Biomasse und Wasserkraft

5.2 EINGRIFFSVERMEIDUNG UND AUSGLEICH – DER NATUR ETWAS ZURÜCKGEBEN

Die Überprüfung von Eingriffen in Natur und Landschaft soll zunächst immer das Ziel haben, Maßnahmen zu vermeiden. Bei unausweichlichen Eingriffen sollen diese gemindert, dann ausgeglichen, angeordnete Ausgleichsmaßnahmen stärker kontrolliert und Verstöße gezielt verfolgt und geahndet werden. Ältere abgeschlossene bauliche Maßnahmen mit ungenehmigten nachteiligen Auswirkungen sollen im angemessenen Rahmen konsequent zurückgebaut werden. Wir werden die Untere Naturschutzbehörde (UNB) so weit stärken, dass sie als Fachaufsicht auf Kreisebene eine konsequente Beratung und Kontrolle der Ausführung, eine fortlaufende Dokumentation, und deren jährliche Veröffentlichung in einem Naturhaushaltsplan durchsetzen kann.

5.3 NATURSCHUTZBEHÖRDE

Die Untere Naturschutzbehörde ist die zentrale Institution, die Naturschutz vor Ort begleitet und gesetzlich einfordert. Wir wollen mit einer angemessenen Personalausstattung dafür sorgen, dass diese ihren Pflichtaufgaben und Umweltprojekten auch nachkommen kann. Wir forcieren eine enge Zusammenarbeit der Fachbereiche in der Kreisverwaltung mit dem Ziel eines präventiven Natur- und Umweltschutzes.

5.4 NATURSCHUTZFONDS

Der Landschaftspflegeverband ‚Naturschutzfonds Wetterau‘ muss besser ausgestattet werden, damit Projekte wie Erhalt, Pflege und Wiederherstellung der Streuobstwiesen, aber auch Hilfsprojekte für Arten und Lebensräume, für deren Erhalt der Wetteraukreis besondere Verantwortung trägt, umgesetzt werden können. Wir fordern, dass der Kreis Managementpläne für den Umgang mit invasiven Neophyten und Neozoen erstellt. Für die Umsetzung sollen adäquate finanzielle und personelle Mittel bereitgestellt werden. Wir werden Verhandlungen mit der Landesregierung aufnehmen, um dem Naturschutzfonds die Pflege von durch HESSEN MOBIL angelegten Ausgleichsflächen zu übertragen.

5.5 LIEGENSCHAFTEN

Auf kreiseigenen Flächen bzw. Straßenbegleitflächen soll in Zukunft tierschonend gemäht und nicht mehr gemulcht werden. Das Mahdgut ist abzutransportieren und (als Futter, Kompost, Biogas) zu verwerten.
Im Bereich der Grünpflege sollen artenreiche Blumenwiesen, heimische Gehölze, eine auf Artenreichtum optimierte Pflege, Schulgelände mit Naturerlebniswert und Entsiegelung gefördert werden.
Wir fordern den Wegfall unnötiger Beleuchtung, Umrüstung der Außenbeleuchtung auf erwiesenermaßen insektenfreundliche Leuchtmittel, d. h. Lichtlenkung von oben nach unten und eine Farbtemperatur von 2200 bis maximal 3000 K.

5.6 FÜHRUNGSROLLE IM LANDESWEITEN NATURSCHUTZ

In der intensiv bewirtschafteten und von Verkehrswegen zerschnittenen Wetterau werden wir den Biotopverbund auch über die Kreisgrenze hinaus verbessern. Dazu gehören neben der Pflege der Obstwiesen der Schutz der Feldraine und die Neuanlage von Feldhecken. Es soll aber auch der Bau von Grünbrücken in Zusammenarbeit mit den Umwelt- und Verkehrsverbänden und zuständigen Behörden geprüft werden. Die Biotopvernetzung im Wetteraukreis soll gefördert werden. Dafür müssen die vorhandenen naturschutzfachlichen Daten der Landesbehörden besser genutzt werden.

5.7 ZUKUNFTSWEISENDE UMWELTKOMMUNIKATION

Der Kreis wird sich künftig stärker für Natur- und Umweltschutz einbringen.
• Aktive Ansprache von Umweltthemen in den Dienstversammlungen der Bürgermeister*innen
• Präsentation von umweltfreundlichen Leistungen: Photovoltaik, Windkraft, Energiesparmaßnahmen im Haushalt und ökoeffizienter Hausbau
• Unterstützung der Kommunen bei der Beschaffung der Fördermittel, sowie Projektberatung und Steuerung im Natur-, Klima-, Hochwasserschutz
• Biodiversitätsberatung für Kreis, Kommunen, Landwirtschaft, Schulen und Privatpersonen; Erstellen eines Leitfadens für den kommunalen Artenschutz, der Bürger*innen sowie Gewerbe Handlungsempfehlungen vermittelt
• Die Unterstützung eines jährlichen Tages der Natur in den Schulen mit regionalen Expert*innen (z. B. Umweltbildner*innen der HGON, von NABU oder BUND)

5.8 WASSER UND GEWÄSSERSCHUTZ

Soweit der Wetteraukreis Einfluss nehmen kann, wird er sich für einen ressourcenschonenden Umgang mit Wasser einsetzen. Dies gilt insbesondere für Brunnen- und Trinkwasser.
Die Überwachung der Einleitungen in die Flüsse muss verstärkt werden. Die Genehmigung der Wasserentnahme aus Fließgewässern sollte angesichts der trockenen Sommer stärker auf einen ausreichenden Wasserstand für die Lebewesen in den Gewässern Rücksicht nehmen.
Der Wetteraukreis muss, soweit es die ihm übertragenen Befugnisse gestatten, eine Verbesserung der Wasserqualität der Fließgewässer unterstützen sowie für die Erfüllung der Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und der EU-Nitratrichtlinie Sorge tragen.
Der Kreis soll sich beim Regionalverband Rhein-Main und der Wasserbehörde dafür einsetzen, dass die Flächennutzungspläne vorausschauend Grundwasserkörper und Retentionsräume schützen. Gezielte Grundwasseranreicherungen bis hin zum Anlegen neuer multifunktionaler Nassbiotope und Renaturierungen der Flüsse und Bäche müssen Gegenstand künftiger Planungen sein. Vorrangiges Ziel ist es, die natürliche Versickerung von Niederschlagswasser zu fördern.
Über die Bauleitplanungen wollen wir in Zukunft sicherstellen, dass nur das allernötigste Trinkwasser verbraucht wird. Wir fordern eine verbindliche Nutzung von Zweileitungssystemen für Trink- und Brauchwasser. Regenwasser sollte in Zisternen gesammelt werden. Für Toiletten, Bewässerung und viele andere Bereiche wird kein Wasser in Lebensmittelqualität benötigt. Für diese Zwecke kann Betriebswasser aus sauberem Regen- und Oberflächenwasser verwendet werden.
Schon heute ist absehbar, dass die zunehmende Wasserverknappung künftig die Preise für Trinkwasser in die Höhe treiben wird. Das Eintreten für verbindliche Zweileitungssysteme und Betriebswassergewinnung hat somit auch eine soziale Komponente. Wasser muss für alle Einkommensschichten erschwinglich bleiben. Neubaugebiete sind deshalb grundsätzlich mit einem Zweileitungssystem zu erschließen. Anschluss und Benutzung sollten über Bebauungspläne geregelt werden.

6. Schule und Digitalisierung

Die Themen Schule und Digitalisierung haben gerade in der gegenwärtigen Zeit mit den Einschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie eine besondere Bedeutung. Schule spielt nicht nur für die Kinder eine große Rolle, sondern auch für ihre Eltern und insgesamt für unsere Gesellschaft. Kinder haben ein Recht auf Bildung. Sie sollen unabhängig von Herkunft und finanziellem Hintergrund der Eltern gleiche Bildungschancen haben. Unsere Schulen müssen die aktuellen Erkenntnisse der Pädagogik anwenden und sie müssen digitalen Unterricht unterstützen. Zudem brauchen wir eine flächendeckende Ganztagsbetreuung. Wir fordern moderne klimaneutrale Gebäude für alle Schulformen.

6.1 SCHULENTWICKLUNG

Alle Schulstandorte sollen erhalten bleiben, um Kindern keine längeren Schulwege zumuten zu müssen. In großen Neubaugebieten sollten neue Schulen angesiedelt werden, um der bereits bestehenden Raumnot in vielen Schulen entgegenzuwirken.
Erforderliche Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen an Schulen im Kreis sind umgehend umzusetzen. Die finanziellen Mittel für bauliche Maßnahmen sollen unabhängig von der aktuellen Krise auf dem bisherigen Niveau gehalten werden, da an vielen Orten ein dringender Handlungsbedarf besteht. Lange Planungs- und Umsetzungszeiten sollen grundsätzlich verkürzt werden.

6.2 INKLUSION

Wir bekennen uns ausdrücklich zur Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen. Unser Bestreben ist die Schaffung einer inklusiven Gesellschaft. Grundlage hierfür ist ein inklusives Schul- und Bildungssystem im Wetteraukreis. Inklusion beinhaltet das Recht auf gemeinsamen Unterricht in einer Regelschule. Um eine inklusive Beschulung wohnortnah zu ermöglichen bedarf es einer entsprechenden Ausstattung, sowie baulicher und personeller Voraussetzungen.

6.3 SCHULSOZIALARBEIT

Der Auftrag von Schulsozialarbeit ist die bestmögliche Förderung von Schüler*innen innerhalb und außerhalb der Schule, und somit die Verringerung und Vermeidung von Konflikten und Fehlentwicklungen. Durch die präventive Sozialarbeit an Schulen werden Inklusion und Integration gefördert. Wir müssen erreichen, dass diese wichtige Arbeit flächendeckend noch stärker ausgebaut wird.

6.4 BETREUUNGSANGEBOT AN SCHULEN

Wir werden in der Kreispolitik dafür Sorge tragen, dass der Ausbau von Betreuungsangeboten an den Schulen systematisch vorankommt. In der Wetterau gibt es keine echte Ganztagsschule. Stattdessen existiert ein Flickenteppich mit unterschiedlichen Angeboten, die nur zum Teil eine Betreuung bis 17.00 Uhr bieten. Unser Ziel ist es, die baulichen Vorrausetzungen insbesondere für das Mittagessen zu schaffen, die Angebote Zug um Zug auszuweiten und letztendlich eine Betreuungsgarantie herzustellen. Insbesondere örtliche Fördervereine sind mit ausreichenden Finanzmitteln auszustatten, um eine Betreuung in diesem Umfang zu gewährleisten.
Letztlich wollen wir Ganztagsschulen, an denen sich heutige Unterrichtsinhalte mit weiteren Bildungs- und Freizeitangeboten abwechseln, so dass Kindern aus allen sozialen Schichten eine umfassende Bildung angeboten wird.

6.5 BERUFSSCHULEN

Die Beruflichen Schulen im Wetteraukreis stehen vor großen Herausforderungen. Sie sind ein wesentlicher Teil der Wetterauer Bildungslandschaft, werden aber in der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen, so dass sie in der schulpolitischen Debatte weniger Gewicht haben. Das wollen wir ändern. Wir werden die Berufsschulen und Lernorte an den Standorten Bad Nauheim, Büdingen, Butzbach, Friedberg und Nidda erhalten und dafür Sorge tragen, dass im Wetteraukreis eine standortnahe Beschulung für Auszubildende sichergestellt ist, auch bei sinkenden Schülerzahlen.

6.6 BAULICHE UND ENERGETISCHE SANIERUNG SOWIE KLIMAANPASSUNG

Der Kreis ist dafür verantwortlich, dass Schulen klimafreundlich betrieben werden.
Schulgebäude müssen energetisch saniert werden. Alte Heizungen mit fossilen Energieträgern sind konsequent zu ersetzen. Bei Umbau und Neugestaltung von Räumlichkeiten müssen bauliche Erfordernisse im Hinblick auf Klimaanpassung und Klimaschutz sowie geeignete Möglichkeiten zur Lüftung berücksichtigt werden.
Schuldächer sollen auf ihre Eignung für Solarenergie geprüft werden. Falls bautechnisch möglich bzw. aufgrund der Ausrichtung energetisch sinnvoll, sollten auch Fassaden und Parkflächen für solare Energiegewinnung genutzt werden. Entweder übernimmt der Kreis die Montage von Solaranlagen oder bewährte Kooperationen werden ausgebaut.

6.7 UMWELTBILDUNG

Umweltbildung soll für alle Schüler*innen angeboten werden, z. B. im Rahmen eines geförderten Pilotprojektes. Anzustreben sind Schulgärten sowie Kooperationen mit Biobauernhöfen und solidarischen Landwirtschaften, um einen Bezug zu gesunden Lebensmitteln als einem Teilbereich der Umweltbildung herzustellen. Wichtige weitere Themen sind das Erleben der Natur, die Vermittlung ökologischer, sozialer, ökonomischer und umwelttechnischer Zusammenhänge, Artenkenntnis und der Fähigkeit nachhaltig zu handeln.

6.8 SCHULESSEN

In den Mensen wird bisher oft nur eine einseitige und eher weniger nachhaltig erzeugte Auswahl an Speisen angeboten. Wir werden dafür Sorge tragen, dass mehr regional und ökologisch erzeugte Lebensmittel den Weg in die Schulmensen finden.
An Schulen soll eine gesunde, regionale und ausgewogene Ernährung angeboten und von Seiten des Kreises gefördert werden.

6.9 SCHÜLERBEFÖRDERUNG

Schüler*innen sollen verlässliche Beförderungsmöglichkeiten und -angebote zur Verfügung stehen. Insbesondere während einer Pandemie ist sicherzustellen, dass ausreichende Kapazitäten vorhanden sind, um die geforderten Abstandsregeln einzuhalten.
Der öffentliche Personennahverkehr muss auch weiterhin das ‚Rückgrat‘ der Schülerbeförderung bleiben. Daher wollen wir die privat organisierten Busverbindungen (Büdingen/Konradsdorf und Rockenberg/Wölfersheim) in den Linienbusverkehr integrieren.

6.10 EXTREMISMUSPRÄVENTION AN SCHULEN

Angesichts der erschreckenden Zunahme von Gewalttaten, wie der Morde in Hanau, Frankfurt am Main und Kassel, wollen wir uns jeder Form von Extremismus und Gewalt von Links oder Rechts entgegenstellen. Hier streben wir eine breite Vernetzung und Zusammenarbeit mit Verbänden und Vereinen wie der Antifa-BI an. Wir wollen wo immer möglich präventiv tätig werden, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Fahrten zu Gedenkstätten sollen weiterhin für Schüler*innen unterstützt werden. Anknüpfend an mehrere Fahrten nach Auschwitz des kompletten Kreistages in zurückliegenden Legislaturperioden in Zusammenarbeit mit der in der Wetterau ansässigen Lagergemeinschaft Auschwitz wird dies im neuen Kreistag wieder realisiert und Schüler*innenvertreter werden mit eingebunden. Die Teilnahme von rechtsextremem Personen an diesen Fahrten lehnen wir ab.

6.11 DIGITALISIERUNG

Wohl wissend, dass digitale Technik Schule als gemeinsame Welt der Erfahrung nicht ersetzen kann, haben die Themen Schule und Digitalisierung gerade in einer Zeit mit Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie eine besondere Bedeutung. Bund und Länder haben den Digitalpakt auf den Weg gebracht.
Der Wetteraukreis ist gefordert, die entsprechenden Maßnahmen umzusetzen. Schulen und alle Schüler*innen müssen zeitgemäß mit digitalen Arbeitsmitteln ausgestattet werden. Dies beginnt bei stabilen WLAN-Zugängen, geht über den Einsatz digitaler Medien im Unterricht bis hin zur Förderung eines verantwortungsbewussten Umgangs mit der digitalen Welt.
Der kürzlich vom Kreistag verabschiedete Medienentwicklungsplan erfüllt die Anforderungen nur zum Teil. Eine umgehende Nachbesserung ist dringend erforderlich.

6.12 SCHULSPORT

Der Kreis hat die Durchführung des Schulsports gemäß Lehrplan an allen Schulstandorten sicher zu stellen. Sportunterricht ist eine wichtige Säule der körperlichen, sozialen und emotionalen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.
Wir wollen auf eine flächendeckende Erfüllung des Lehrplans für Schwimmunterricht auf Kreisebene hinwirken. Falls erforderlich, soll der Kreis selbst als Schulträger Schwimmbäder bauen. Um den schulischen Schwimmunterricht erfolgreicher zu machen, werden wir prüfen, ob er vom regulären Sportunterricht entkoppelt werden kann. Die oft aufwendigen Anfahrtswege und die langwierige Vorlaufzeit (Umziehen, Duschen etc.) gestatten es oftmals nicht, einen qualifizierten Schwimmunterricht durchzuführen. Die Konzentration des schulischen Schwimmunterrichts auf einige wenige ‚Schulschwimmtage‘ würde es den Schulen und den Sportlehrer*innen ermöglichen, den Schwimmunterricht qualifizierter vorzubereiten und den Kindern und Jugendlichen besseren Schwimmsport anzubieten.
Wir werden ein regionales Netzwerk zwischen Land, Kommunen und Vereinen begründen, das den Austausch von Wissen und Möglichkeiten in Bezug auf den Erwerb der Schwimmfähigkeit, die Verfügbarkeit von Wasseroberflächen, wie auch zu Wegen des Bädererhalts unterstützt.

6.13 VOLKSHOCHSCHULE

Die Volkshochschule leistet mit ihrem vielfältigen Programm einen wesentlichen Teil der Erwachsenenbildung in der Wetterau. Wir wollen deshalb den Zuschuss des Kreises zur Aufrechterhaltung ihres Betriebes sowie zur Weiterentwicklung und Modernisierung ihres Programmes in Form der Defizitübernahme in seiner bisherigen Höhe weiterhin gewähren.

7. Kreisentwicklung

Gleichwertige Lebensverhältnisse und ein Ausgleich zwischen Ost- und Westkreis – mit Daseins- und Dableibevorsorge vor allem für den Ostkreis – müssen im Wetteraukreis gewährleistet werden.

Die Pandemie hat gezeigt, dass eine Verlagerung von Arbeitsplätzen aus dem Ballungsraum heraus möglich ist. Dies erhöht die Attraktivität des ländlichen Raums, entlastet Verkehr und mindert den Siedlungsdruck in den großstadtnahen, stark nachgefragten Kommunen des Kreises. Um zukunftsorientiertem Wohnen und Arbeiten Rechnung zu tragen, werden wir zusammen mit dem Land Hessen eine Initiative zur Förderung von Co-Working-Spaces starten. Arbeiten vor Ort soll für möglichst viele Menschen möglich und attraktiv werden.

Durch ein eigenes oder das Landesprogramm ergänzendes Förderprogramm soll der Kreis die Entwicklung von Dörfern und des ländlichen Raums unterstützen. Ein engerer Austausch mit den Landkreisen Gießen, Vogelsberg und Main-Kinzig ist dabei von Vorteil.

7.1 LANDNUTZUNG UND ERNÄHRUNG

Die Landwirtschaft hat in den letzten Jahrzehnten einen tiefgreifenden Wandel erfahren, auch in der Wetterau. Die Intensität der Nutzung hat zugenommen, damit auch die Erträge und die negativen Auswirkungen in Gestalt von geringerer Fruchtartenvielfalt, nicht zuletzt durch den intensiven Einsatz von Chemikalien. Das hat Folgen für Artenvielfalt, Boden, Wasser und Klima.
Gleichzeitig kommt die Landwirtschaft immer stärker wirtschaftlich und gesellschaftlich unter Druck. Dafür gibt es viele Gründe. Die meisten von ihnen wurden durch eine seit vielen Jahren fehlgeleitete Agrarpolitik der Bundesregierung, mitgesteuert von wesentlichen Teilen der Agrarlobby, verursacht. Die Folgen spüren auch unsere Bäuer*innen in der Wetterau. An der Bundespolitik können wir kommunal nicht viel ändern, aber wir werden Mittel und Wege finden, eine kommunale Agrarpolitik ganz anders zu gestalten. Wir haben Landwirt*innen und dem Lebensmittelhandwerk in der Vergangenheit Gespräche angeboten und sind weiterhin offen für den Dialog.
Wir werden ein Förderprogramm zur Unterstützung von privaten Zertifizierungen und amtlichen Zulassungen gerade auch für das Lebensmittelhandwerk anbieten, sofern keine Initiative von Land oder Bund ergriffen wird.
Wir wollen mehr ökologischen Landbau in der Wetterau. Zurzeit wird die wachsende Nachfrage im Rhein/Main-Gebiet bei den meisten Produktgruppen aus anderen Regionen oder dem Ausland bedient. Die Wetterauer Landwirtschaft könnte davon profitieren, wenn Lücken in den Vermarktungswegen geschlossen werden. Unser Ziel ist ein im Bundesvergleich überdurchschnittlicher Anteil an Ökolandbau. Das schadet auch keinem konventionellen Betrieb. Bio und Regio gehören zusammen.
Wir werden die Angebote der Modellregion Ökolandbau Wetterau weiterführen, auch wenn die Landesförderung auslaufen sollte. Besonderen Wert legen wir auf den Einsatz von ökologisch und/oder in nahegelegenen Regionen erzeugten Lebensmitteln in den Kantinen des Kreises und seiner Beteiligungen. Wir nutzen die entsprechenden Fördermöglichkeiten und Beratungsangebote von Bund und Land.
Wir setzen uns für eine Ernährungswende in der Wetterau ein. Dabei geht es nicht nur um die ökologische Landwirtschaft. Auch konventionell wirtschaftende Betriebe können durch Senkung ihrer Emissionen dem Klimawandel entgegenwirken und damit sogar neue Absatzwege erschließen. Wir werden die Akteure im Rahmen der gemeinsamen Initiative ‚Nachhaltiges Oberhessen‘ bei der Etablierung eines eigenen Ernährungssystems unterstützen.
Damit die Lebensmittel von der Erzeugung zur Verarbeitung und schließlich zu den Abnehmer*innen gelangen können, wird der Wetteraukreis sich an der Gründung eines Bündelungs- und Logistikzentrums (‚Food-Hub‘) beteiligen. Mit vorhandenen Lebensmittel-Verarbeitungsbetrieben, Transportunternehmen und landwirtschaftlichen Partnern sollen kurze Lieferketten entstehen.
Die Essensangebote in den öffentlichen Einrichtungen und Beteiligungen des Kreises sollen eine ausgewogene und gesunde Ernährung ermöglichen. Es soll regelmäßig ein vegetarisches/veganes Angebot in den Schulen geben.

7.2 WIRTSCHAFT

Wir wollen Soloselbständige, sowie kleine und mittelständische Firmen in der aktuellen Situation unterstützen.
Die Wirtschaftsförderung des Wetteraukreises hat in den letzten Jahren sehr gute Arbeit geleistet. Sie soll ihren Schwerpunkt weiter auf Beratung von Kommunen und Unternehmen, Akquise von Fördermitteln und Qualifikation für nachhaltiges Planen, Bauen, Vermarkten legen und auch mit den Nachbarkreisen kooperieren. Insbesondere werden wir die Wirtschaftskreisläufe innerhalb der Region unterstützen. Über die Wirtschaftsförderung und die regionale Entwicklungsgruppe (LEADER) werden Fördermöglichkeiten für Unternehmensgründungen und -erweiterungen im Ernährungssektor auf Landes-, nationaler und europäischer Ebene erschlossen.
Wir werden uns verstärkt an Forschungsvorhaben des Bundes beteiligen und aktiv einbringen, um Verwaltungs- und Forschungseinrichtungen, wie beispielsweise für nachhaltige Lebensmittelwirtschaft, Klimaanpassung in der Landwirtschaft oder Artenschutz in der Wetterau anzusiedeln.

7.3 TOURISMUS, KULTUR UND SPORT

Die Wetterau soll den Trend zu Gesundheits- und Naturtourismus stärker für sich nutzen. Die Kooperation in der Tourismusregion FrankfurtRheinMain muss zusammen mit der Landesförderung gezielt genutzt werden, um die Wetterau eigenständig touristisch zu erschließen. Wichtig ist uns hierbei nicht nur die Ausweisung von Wander- und Radwegen sowie die Hervorhebung des gastronomischen Angebotes, sondern auch die Digitalisierung der Angebotspalette, die Schaffung vielfältiger kultureller Attraktionen für Gäste und der Ausbau der touristischen Infrastruktur, wie beispielsweise die Bereitstellung von Stellflächen für Wohnmobile.
Städtepartnerschaften sollen wiederbelebt werden. Weitere Partnerschaften mit Regionen im europäischen Ausland und außerhalb Europas sollen geschlossen werden. Hierin unterstützt der Kreis die kreisangehörigen Städte und Gemeinden.
Der Wetteraukreis prüft die Einführung eines Tourismustickets für das gesamte Kreisgebiet. Tourist*innen können sich auf diese Weise bequem und umweltfreundlich zu erschwinglichen Preisen bewegen.
Wichtig für Tourismus ist zudem ein attraktives Kulturangebot. Radwege, Landschaft und Gastronomie reichen nicht aus, um die Aufenthaltsdauer in einer (Kurz-)Urlaubsregion zu verlängern. Dazu braucht es weitergehende Angebote, die auch die Wetterauer Bevölkerung nutzen kann.

Kunst und Kultur sind systemrelevant. Sie werden von unseren Verfassungen besonders geschützt, aber kommunal werden sie als ‚freiwillige Leistungen‘ oft vernachlässigt. Und dabei sind Kunst und Kultur in unserem demokratischen Zusammenleben von zentraler Bedeutung. Kultur ist ein wichtiger Standortfaktor in der Wetterau. Mit uns wird der Kreis im Kulturbereich eine aktive Rolle einnehmen.
Die Lage für die Kulturschaffenden und die oft ehrenamtlich organisierten Spielstätten ist gerade jetzt überwiegend prekär. Das kostet auch die Wetterau viel von ihrer Einzigartigkeit und Vielfalt. Wir wollen, dass insbesondere auch im östlichen Kreisgebiet ein Netz von Kulturinitiativen entsteht und bestehende Institutionen gefördert sowie auf lange Sicht gesichert werden. Ein Vorbild hierfür könnte das Förderprogramm ’LandKulturPerlen’ in Nordhessen sein.
Wir wollen die gute Tradition des Wetterauer Kulturpreises weiterführen, die das Wirken von Kulturschaffenden in und aus der Wetterau würdigt.
Wir werden die Machbarkeit der Erweiterung des Museumsangebotes im Westkreis durch Ausbau des Wetteraumuseums in Kooperation mit der Stadt Friedberg prüfen. Dies wäre ein weiteres Highlight für die archäologisch wertvolle Wetterau. Die geplanten Aktivitäten beziehen sich auf die Zeit von den Römern bis in die frühe Neuzeit. Besondere Beachtung bei der Präsentation verdienen aber auch die aktuellen Funde aus der Jungsteinzeit, z. B. bei Wölfersheim.

Auch Sport ist ein Kulturgut. Neben dem gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert er Integration und Inklusion. Den gesundheitsfördernden Aspekt kann man nach der Pandemie gar nicht hoch genug einschätzen. Die Bevölkerungsentwicklung, der Zustand der Sportstätten, neue Bewegungsmuster und Trends haben den Bedarf an Sportförderung und Sportstätten im Wetteraukreis verändert.
Um dies zu würdigen und damit auch einem Anliegen der Vereine und Schulen zu folgen, werden wir eine Sportentwicklungsplanung in Auftrag geben. Die Richtlinie für die Sportförderung des Kreises werden wir modernisieren, der Haushaltsansatz wird mindestens beibehalten.

8. Verwaltung

Mit über tausend Arbeitsplätzen ist der Wetteraukreis ein großer Arbeitgeber und gleichzeitig ein bedeutender Abnehmer von Produkten und Dienstleistungen. Unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen werden wir uns bei der Beschaffung und Vergabe von Aufträgen und Dienstleistungen an nachhaltigen, klimarelevanten, sozialen und regionalen Kriterien orientieren. Mit der Einrichtung eines Nachhaltigkeitsmanagements in der Kreisverwaltung wollen wir alle Tätigkeiten und vom Kreis beeinflussbare Prozesse dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen Entwicklung unterstellen.

Im ersten Schritt soll unter Berücksichtigung aller Interessengruppen für den Kreis ein verbindliches Leitbild zur Umsetzung aufgestellt werden. Es soll sich eng an den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN (‚Sustainable Development Goals‘) orientieren. Daraus sollen anschließend konkrete Handlungsziele und Maßnahmen zur Zielerreichung formuliert, umgesetzt und kontrolliert werden. Im Kreistag soll darüber öffentlich berichtet werden. Die Maßnahmen betreffen alle Tätigkeiten, die sich gesellschaftlich, finanziell, umweltwirksam oder kulturell auswirken.

Eine wesentliche Maßnahme wird die Einrichtung und Zertifizierung eines Umweltmanagements nach EMAS (dem ‚Eco-Management and Audit Scheme‘ der EU) sein. Der Kreis unterstreicht damit seine Verantwortung für die nächsten Generationen und übernimmt eine Vorbildfunktion für nachhaltige Unternehmen.

Dienstleistungen sollen, soweit möglich, digital und auch wieder verstärkt dezentral angeboten werden. Beispiele für den Ausbau dezentraler Angebote sind die Ausländerbehörde sowie die Schuleingangsuntersuchung. Um Angebote des Kreises vermehrt ‚in die Fläche‘ zu bringen, sind Kooperationen mit Kommunen zu prüfen.

Wir setzen uns dafür ein, dass die Verwaltung Ressourcen schont und plastikfrei arbeitet.

Wir wollen eine moderne Verwaltung. Mobiles Arbeiten werden wir fördern. Wir sind offen für Ideen wie die Schaffung und Nutzung von Co-Working-Spaces, also die Bereitstellung von Arbeitsplätzen für andere Behörden bzw. die Nutzung solcher Arbeitsplätze bei anderen Behörden. Vor diesem Hintergrund ist die Immobilienstrategie des Kreises neu zu planen.

Die Digitalisierung der Kreisverwaltung im E-Government-Bereich soll überprüft und ausgebaut werden. Wir fordern ein Reporting über die Digitalisierung der Verwaltung.

Wir werden die Verwaltung internationaler aufstellen. Möglichst viele Dienstleistungen sollen mehrsprachig angeboten werden. Mitarbeiter*innen mit Migrationshintergrund werden eingestellt, um durch Vielfalt zu stärken.

Wir befürworten ein Projekt der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit. Ziel ist die langfristige Kooperation des Kreises mit einer Kommune, einer Region oder einer anderen geeigneten Verwaltungseinheit in einem Entwicklungs- oder Schwellenland. Dabei wird Nachhaltigkeit im Mittelpunkt stehen.

9. Finanzen

Wir bekennen uns zu dem Grundsatz einer soliden, kostenbewussten Haushaltspolitik, werden die Kommunen entlasten, in schulische, soziale und nachhaltige Infrastruktur investieren, sowie Altschulden abbauen.

Die Entlastung der Kommunen durch Senkung von Schul- und Kreisumlage ist allerdings kein Selbstzweck. Zuerst muss der Kreis in der Lage sein, die übergreifenden Dienstleistungen für die Kommunen zu erbringen. Das gilt z. B. für die Schaffung einer modernen Schulinfrastruktur.

In den kommenden Jahren prägen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie die finanziellen Spielräume auch für den Wetteraukreis. Überschüsse wie in der Vergangenheit sind in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Wir werden 2021 versuchen, den Haushalt mit den Überschüssen aus 2020 auszugleichen. Mit Aufgabenkritik und Haushaltsdisziplin werden wir operativ – wie in den Jahren nach der Finanzkrise – den Kreishaushalt auf Kurs halten.

Trotzdem werden wir die notwendigen Schritte hin zu einer sozialökologischen Ausrichtung des Kreises gehen. Vor allem der Einsatz für mehr Klimaschutz und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels sind notwendiger denn je. Wir werden hierfür systematisch Geld bereitstellen. Damit soll klimapolitisches Engagement langfristig finanziert und abgesichert werden. Die Ausschüttung des Gewinns der Sparkasse soll grundsätzlich diesem Zweck zugeführt werden.

Ziel unserer Haushaltspolitik ist gleichermaßen die Bekämpfung der sozialen Schieflage. Soziale Dienste und Einrichtungen im Kreis können sich unter unserer Verantwortung auf die finanzielle Unterstützung durch den Wetteraukreis verlassen.

Im Bereich der Schulen wollen wir das Investitionsniveau aus kreiseigenen Mitteln weiter hochhalten. Hier dient die Summe von 20 Mio. € pro Jahr als Richtschnur.

10. Gesundheit und Rettungswesen

Die Coronakrise hat die Bedeutung des öffentlichen Gesundheitswesens nochmals deutlich gemacht. Um es bedarfsgerecht weiterzuentwickeln, sind massive Investitionen erforderlich. Wir setzen uns im Kreis dafür ein, die einschlägigen Förderprogramme von Bund und Land konsequent für diese Weiterentwicklung zu nutzen.

Leitbild unserer Gesundheitspolitik ist eine gute ärztliche und pflegerische Versorgung. Wir wünschen uns diese Versorgung wohnortnah. Wir wollen sie im klinischen Bereich durch überregionale Verbünde sichern und durch gute Angebote attraktiv machen. Wir brauchen einen leistungsfähigen Rettungsdienst. Wir fordern eine gute Ausbildung der Pflegekräfte und setzen uns für eine faire und angemessene Bezahlung ein. Die Gesundheitsämter, deren besondere Bedeutung nicht zuletzt durch die Coronakrise ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist, müssen systematisch gestärkt werden. Deshalb muss sich Kreispolitik verstärkt in die aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen einbringen.

10.1 WOHNORTNAHE KLINISCHE UND ÄRZTLICHE VERSORGUNG

Im Bereich der klinischen Versorgung ist die Erhöhung der Anteile am Gesundheitszentrum Wetterau (GZW) nur ein Zwischenschritt. Um die Strukturen hier langfristig abzusichern und kommunalen Einfluss auf die Entwicklungen zu erhalten, werden wir die Bildung von kommunalen Klinikverbünden vorantreiben.
Der Kassenärztlichen Vereinigung kommt bei der haus- und fachärztlichen Versorgung eine besondere Rolle zu. Wir wollen, dass der Kreis hier Druck ausübt, um die ärztliche Versorgung über Nachfolgeregelungen vor Ort zu erhalten. Sofern das nicht möglich ist, bietet der Kreis – wie in Bad Nauheim, Friedberg, Gedern und Schotten – an seinen Klinikstandorten Medizinische Versorgungszentren an. Sie sind durch die Vernetzung stationärer Behandlung und ambulanter Versorgung zukunftsweisend.

Für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum hat aus unserer Sicht die Übernahme von Hausarztpraxen durch niedergelassene Ärzt*innen, sowie der Aufbau von Ärztezentren Priorität.
Wir wollen hier ein abgestimmtes Vorgehen forcieren. Mit regionalen und fest etablierten Gesundheitskonferenzen beabsichtigen wir alle relevanten Akteure an einem Tisch zu versammeln. Kassenärztliche Vereinigung, Krankenhäuser, ambulante Dienste, Pflege- und stationäre Einrichtungen, die Rehakliniken sowie andere Hilfsdienste können ihre Angebote aufeinander abstimmen und ausbauen.
Die Nutzung von Medibussen ist als Überbrückungslösung sinnvoll. Um die Erreichbarkeit von Hausärzt*innen zu gewährleisten, soll der Kreis in Orten, wo es keine ärztlichen Angebote gibt, Fahrdienste anbieten. Zudem soll der Kreis ergänzende digitale Angebote unterstützen, wie z. B. Sprechstunden per Videokonferenz.
Schuleingangsuntersuchungen sollen an mehreren Standorten im Kreisgebiet angeboten werden, um Eltern und Kindern lange Wege zu ersparen.

10.2 GEMEINDESCHWESTERN UND -PFLEGER

Sofern Kommunen nicht aktiv werden, kann der Kreis die Einstellung von Gemeindeschwestern und -pflegern vornehmen, um eine patient*innennahe Versorgung sicher zu stellen. Die Förderung des Landes Hessen sollte hierfür in Anspruch genommen werden.
In den skandinavischen Ländern gehören schulische Gesundheitskräfte zum Alltag.
In Hessen gab es dazu erste Projekte. Sofern es Förderungen in diesem Bereich gibt, sollte der Kreis bestrebt sein, schulische Gesundheitskräfte auch an seinen Schulen einzusetzen.

10.3 HEBAMMEN UND ENTBINDUNGSPFLEGER

Es sollte eine Koordinierungsstelle für Hebammen und Entbindungspfleger eingerichtet werden. Zudem sollen finanzielle Mittel zur Qualitätssicherung in der ambulanten Geburtshilfe gestellt werden.

10.4 ALTENPFLEGE UND HOSPIZ

Altentagespflege muss flächendeckend im Kreisgebiet angeboten werden. Das Angebot an Hospizen und palliativer Versorgung soll gefördert und erweitert werden.

10.5 AUSBILDUNG UND WERTSCHÄTZUNG VON MEDIZINISCHEM PERSONAL

Das Gesundheitswesen benötigt gut ausgebildete und motivierte Pflegekräfte. Wir setzen uns dafür ein, dass der Kreis Ausbildung und bestehende Ausbildungseinrichtungen fördert, bis hin zur akademischen Ausbildung an Fachhochschulen. Programme für Stipendien zur Ausbildung von medizinischem Personal sollen genutzt werden. Darüber hinaus unterstützt der Kreis, in seinen Verbänden und in der Öffentlichkeit, eine angemessene und damit bessere Bezahlung des Pflegepersonals.
Gute Bedingungen machen den Pflegeberuf attraktiver. In Kliniken muss Pflegepersonal von nicht-pflegerischen Aufgaben entlastet werden. Die Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen ärztlichem, pflegerischem und Hilfspersonal muss dort klar geregelt sein. In die Planung der Abläufe in den Kliniken sollten alle Beteiligten einbezogen werden.

10.6 GESUNDHEITSAMT

Der durch die Pandemie gestiegenen Bedeutung des Gesundheitsamtes wollen wir Rechnung tragen, indem wir die Abläufe überprüfen lassen, was auch zu einer dauerhaft besseren personellen und infrastrukturellen Ausstattung führen kann.

10.7 RETTUNGSWESEN

Das Rettungswesen im Kreis ist gut aufgestellt. 18 Rettungswachen und 4 Notarztstandorte gewährleisten die Einhaltung einer zehnminütigen Hilfsfrist. Diesen Versorgungsgrad werden wir sichern.

10.8 BRAND- UND KATASTROPHENSCHUTZ

Der Wetteraukreis ist zuständig für den Brand- und Katastrophenschutz sowie den Rettungsdienst. Erstmals hat der Kreistag 2019 einen Bedarfs- und Entwicklungsplan für den Brand- und Katastrophenschutz und die Allgemeine Hilfe auf Kreisebene verabschiedet. Wir wollen den Bedarfs- und Entwicklungsplan für den Brand- und Katastrophenschutz fortführen und in Bezug auf die klimabedingten und anderen zukünftigen Risiken weiterentwickeln. Die Einsatzpläne sollen ebenfalls regelmäßig fortgeschrieben werden.
Wir verstehen uns als Partner der Einsatzkräfte im Kreis, deren unschätzbar wichtige Arbeit wir unterstützen.

11. Tierschutz

Der Schutz der Tiere ist für uns ein wichtiges politisches und gesellschaftliches Anliegen. Wir werden das Veterinäramt des Kreises darin unterstützen, alle rechtlichen Auflagen zu erfüllen und darüber hinaus weitere präventive Tierschutzaufgaben zu übernehmen, die Tierleid verhindern helfen.

Wir tragen Sorge für eine ausreichende Ausstattung an Personal und Finanzmitteln, um allen Aufgaben nach besten Kräften gerecht werden zu können, insbesondere bei der Durchsetzung gesetzlicher Vorgaben.

Wir unterstützen eine enge Zusammenarbeit mit der Landestierschutzbeauftragten, um einheitliche tierschutzorientierte Kriterien auf allen Vollzugsebenen sicherzustellen.

In einem jährlichen Tierschutzbericht soll öffentlich über die Arbeit des Veterinäramtes berichtet werden. Er soll aktuelle Probleme und Erfolge ebenso umfassen wie die Zahl der Kontrollen und die festgestellten Mängel bzw. die daraus folgenden Konsequenzen.

Wir wollen gewährleisten, dass das Kreisveterinäramt als kontrollierende Behörde für Tiertransporte zukünftig seinen Pflichten stärker als bisher nachkommt und eine ausreichende Anzahl an Kontrollen pro Jahr durchführt. In enger Vernetzung mit den Veterinärämtern der Nachbarkreise und in Zusammenarbeit mit der Polizei sollen in gebotenem Maße engmaschige und häufige Kontrollen auf allen stark frequentierten Autobahn- und Straßenabschnitten des Kreises erfolgen. Unser Ziel ist, Verstöße durch Überprüfungen drastisch zu senken.

Wir setzen uns dafür ein, dass die ehrenamtliche Stelle eines/einer Tierschutzbeauftragten im Wetteraukreises geschaffen wird. Diese Funktion kommt dem Tierwohl über die gesetzlichen Vorgaben hinaus zugute und gestattet eine bessere Information der Öffentlichkeit.

Wir unterstützen eine hofnahe Schlachtung im Rahmen der gesetzlichen Regelungen. Wir wollen kleine regionale Schlachthöfe fördern, die sich einem hohen Tierschutzstandard verpflichten. Darüber hinaus soll der Kreis mobile oder teilmobile Schlachtungen unterstützen. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Förderung der Weideschlachtung. Bei dieser Art der Schlachtung erleidet das Tier weniger Stress, da Transportwege wegfallen. Wir setzen uns für eine unbürokratische Genehmigungspraxis auf Kreisebene ein. Politisch fordern wir Rechtssicherheit auf allen Ebenen, um möglichst vielen Schlachtbetrieben und Bäuer*innen die Option der Weideschlachtung zu ermöglichen.

Wildtiere gehören nicht in den Zirkus. Das Leben von Zirkustieren unter stark einschränkenden Haltungsbedingungen widerstrebt dem natürlichen Freiheitsdrang und dem typischen Verhalten der Tiere. Das Kreisveterinäramt soll Kommunen beratend darin unterstützten, rechtssichere Verbote zu erlassen, die das Gastieren von Zirkussen mit den in der Bundesratsinitiative 565/11 genannten Wildtierarten unterbinden. Gezielte Kontrollen in diesem Bereich sollen der Gewährleistung des Tierwohls Rechnung tragen.

Wir werden private Vereine und Initiativen unterstützen, die sich für die Belange von Wildtieren einsetzen. Zudem treten wir im Kreis dafür ein, dass ausreichend Wildtierauffangstationen in Zusammenarbeit mit dem Land geschaffen werden und der Betrieb dieser Einrichtungen finanziell abgesichert wird.

Wir setzen uns auf kommunaler und Kreisebene für eine angemessene finanzielle Ausstattung der kreisweiten Tierheime ein, damit eine gute Versorgung von Fundtieren gewährleistet werden kann.

12. Energie, Wasserversorgung und Zweckverband oberhessische Versorgungsbetriebe

Den drei Landkreisen Wetterau, Vogelsberg und Gießen gehört die OVAG. Sie ist Teil des Zweckverbands Oberhessische Versorgungsbetriebe (ZOV), dessen Aufgaben die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser und Energie ist. Der ZOV ist auch Träger des Nahverkehrs. Als Unternehmen in öffentlicher Hand ist der ZOV dem Gemeinwohl verpflichtet. Seine Tätigkeit kommt den Bürger*innen zugute, seine Gewinne gehen an die Eignerkreise.

Für uns folgt daraus der Anspruch einer sorgsamen, verlässlichen, nachhaltigen und transparenten Unternehmensführung. Diesen Anspruch erfüllt der ZOV nach unserer Einschätzung aktuell nicht. Wir wollen den Zweckverband zu einem modernen Unternehmen entwickeln, das den Herausforderungen unserer Zeit – Klimawandel, Energiewende, demografischer Wandel – stärker als bisher Rechnung trägt.

12.1 ENERGIE

Nationale und europäische Klimaziele lassen sich nur erreichen, wenn die Akteure vor Ort mitziehen. Wir verlangen daher vom ZOV stärkere Anstrengungen bei der Einsparung und effizienten Nutzung von Energie sowie bei der Produktion erneuerbarer Energien.
Der Anteil erneuerbarer Energien an der Nettostromerzeugung in Deutschland betrug 2019 46,2 %. Im Jahr 2022 erfolgt der Ausstieg aus der Atomkraft, spätestens 2038 der aus der Kohle. Wenn der von der OVAG verkaufte Strom spätestens 2030 zu 100 % aus erneuerbaren Quellen stammen soll, dann muss der Anteil in den kommenden Jahren stetig erhöht werden. Wir wollen einen Plan mit ehrgeizigen Schritten, damit am Ende des aktuellen Jahrzehnts der Strom der OVAG mindestens zu 100 % erneuerbar erzeugt wird.
Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, muss die Energiewende aktiv vorangetrieben werden. Das bisherige Engagement des ZOV genügt uns hier nicht, obwohl anzuerkennen ist, dass die Rahmenbedingungen schwierig sind. Es braucht mehr Mut zur Flexibilisierung der Geschäftspolitik und in der Entwicklung neuer Geschäftsfelder. Insbesondere muss die Nutzung geeigneter Flächen für Windkraftanlagen – wie beispielsweise auf dem Winterstein – und Photovoltaik mit Nachdruck unterstützt werden. Die beteiligten Partner (Kommunen, Grundbesitzer) müssen dazu angehalten werden, mögliche Flächen schnellstmöglich für diese Zwecke zu nutzen.
Wir wollen mehr Aktivitäten der ZOV im Wärmemarkt, beispielsweise beim Betrieb von Nahwärmenetzen in Verbindung mit regenerativer Energie.
Der zunehmenden Bedeutung von E-Mobilität bei Autos, Fahrrädern und Rollern soll durch einen angemessenen Ausbau von Ladepunkten unterstützt werden. Auch die Fahrzeugflotte der OVAG, inklusive der Fahrzeuge der Vorstände, muss sukzessive auf nicht fossile Antriebe umgestellt werden Die Zusammenarbeit mit Carsharing-Anbietern muss ins Auge gefasst werden. Zudem ließe sich im ländlichen Raum des OVAG-Liefergebiets (hohe Eigenheimquote) die Eigenerzeugung von Strom und dessen Speicherung perfekt mit der Nutzung eines Elektrofahrzeugs kombinieren.
Beim anstehenden Ausbau der Onshore-Windkraft spielt die Beteiligung der Bürger*innen und Kommunen eine größere Rolle. Als kommunales Unternehmen mit lokaler Akzeptanz ist die OVAG für solche Modelle prädestiniert. Sie kann engagierte Akteure auf kommunaler Ebene für eine dezentrale Energiewende zusammenbringen und mit attraktiven Beteiligungen Genossenschaften wie die Mittelhessische Energiegenossenschaft (MiEG), aber auch Kommunen am Investment sowie am wirtschaftlichen Gewinn beteiligen.
Die Energiewende ist ein dynamischer Prozess. Wir wollen, dass sich der ZOV an der Suche nach innovativen, klimaschützenden und ertragssichernden Zukunftsmodellen beteiligt. Deshalb soll die OVAG in Forschung investieren und modellhaft die Umwandlung von Windstrom in Methan oder Wasserstoff in eigenen Anlagen prüfen.
Die OVAG entwickelt ein Konzept zur Nutzung des Stromes von Windkraftanlagen, die aus der EEG-Vergütung gelaufen und nicht repowerfähig sind für eine Wasserstoffproduktion. Dieser soll u.a. in Bussen bei der VGO genutzt werden, was in Ausschreibungen gefordert werden muss.
Die Förderung der Eigenerzeugung von Solarstrom, inklusive Hausspeicherung, kann durch die OVAG initiiert und so der Energiewende vor Ort ein deutlicher Schub gegeben werden. Hierzu gehört auch das Angebot an Betreiber*innen von Altanlagen, die aus der EEG-Förderung fallen, ihnen zu fairen Preisen künftig den erzeugten Ökostrom abzunehmen.
Die naturverträglichste Energie ist die, die nicht verbraucht wird. Deshalb wollen wir, dass Energieberatung und -effizienz einen hohen Stellenwert in den Geschäftsfeldern der OVAG einnimmt. Steigende Energiekosten werden die kommunalen Haushalte in Zukunft belasten. Der ZOV kann helfen, Zukunftsideen für den ländlichen Raum zu entwickeln, die dessen Attraktivität steigern.

12.2 KLIMASCHUTZKONZEPT

Auch der ZOV selbst soll Vorbild und Vorreiter im Klimaschutz sein. Dafür braucht es ein eigenes Klimaschutzkonzept des ZOV-Konzerns mit dem Ziel, auf Basis der aktuellen CO2-Bilanz des Unternehmens den Ausstoß von CO2 bis 2050 gänzlich zu neutralisieren.

12.3 NAHVERKEHR

Als Träger des Nahverkehrs durch seine Tochter VGO (Verkehrsgesellschaft Oberhessen) hat der ZOV für die öffentliche Mobilität eine Schlüsselrolle inne. Diese Möglichkeit gilt es zu nutzen, um im Wetteraukreis einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr anzubieten.

12.4 WASSERVERSORGUNG

Die OVAG soll mehr denn je die Verantwortung zur Sicherstellung einer umweltschonenden Grundwassergewinnung übernehmen, sowohl im Bereich ihrer 21 eigenen als auch der Brunnen in den Zuliefergebieten. Eine Überprüfung und Neuordnung aller Grenzwasserstände – unter den veränderten Grundwasserneubildungsraten im Einfluss des Klimawandels – soll die Versorgung von Natur und Mensch sicherstellen.
Den lokalen und regionalen Naturräumen ist bei der Konkurrenz mit anderen Nutzungen um das Grundwasser in der Regel Vorrang einzuräumen. Biotope wie Bäche und Teiche können nicht auf andere Wasserversorgungen ausweichen. Bei absehbaren Dürresituationen soll die Förderung schon frühzeitig gedrosselt und der Wasserverbrauch über die Anwendung der ‚Wasserampel‘ vermindert werden.
Das in Teilen stark veraltete Rohrleitungsnetz vom Vogelsberg in Richtung Frankfurt am Main – mit seiner hohen Störanfälligkeit und hohen Wasserverlusten – muss neu überplant und modernisiert werden, allerdings nicht zum Zweck unbegrenzter Wasserlieferung. Zugleich drängen wir auf Wassereinsparung durch die Verbraucher*innen und die verstärkte Eigenförderung in Frankfurt am Main im Rahmen des Leitbildprozesses des hessischen Umweltministeriums.
Die OVAG soll Kommunen als Partner darin unterstützen, sich stärker zu der nach § 50 WHG gebotenen ortsnahen Wasserversorgung unter eigener Regie zu bekennen. Im Zuge der Zentralisierung stillgelegte kommunale Brunnen sollen dazu wieder reaktiviert werden. Fernwasser soll nur noch als letztes Mittel zur Defizitdeckung dienen, um ein redundantes, klimafestes Absichern der Wassersysteme bei Ausfall der Eigenversorgung zu gewährleisten.

12.5 DEMOKRATISIERUNG UND TRANSPARENZ

In das Parlament der Zweckverbandsversammlung entsenden die drei Kreise Vertreter*innen gemäß der Sitzverteilung der Fraktionen. Die Besetzung der Aufsichtsräte der Gesellschaften des ZOV entspricht jedoch nicht dem Kräfteverhältnis in der Verbandsversammlung. Auch sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. Eine Klage dagegen ging aus formalen Gründen verloren, Das Gericht gab in seinem Urteil aber deutliche Hinweise. Wir werden auf die Umsetzung dieser Hinweise drängen. Folgt der Verbandsvorstand ihnen nicht, werden wir erneut klagen. Wir fordern eine breite öffentliche Kontrolle kommunaler Gesellschaften des Privatrechts. Daher sollen die im Kommunalparlament vertretenen Parteien und Gruppierungen in den Aufsichtsgremien der Gesellschaften entsprechend ihrem Kräfteverhältnis repräsentiert sein.
Wir wollen die Anzahl der Sitze in der Verbandsversammlung, die 2015 von 45 auf 52 erhöht wurde, wieder reduzieren.
Im ZOV-Konzern ist eine Verkleinerung der künstlich aufgeblähten Aufsichtsräte angezeigt. Bei demokratischer Sitzverteilung lässt sich eine pluralistische Zusammensetzung auch mit weit weniger kostenträchtigen Sitzen erreichen.
Für die Wahl der Verbandsvorstände wollen wir ein transparentes Besetzungsverfahren, bei dem zukünftig nicht das Parteibuch ausschlaggebend ist, sondern notwendige unternehmerische und fachliche Expertise. Auch Bewerber*innen von außen müssen eine Chance erhalten.
Die Gehaltsstrukturen im Führungsbereich sollen überprüft werden. Die Aufwandsentschädigung für Gremienmitglieder des ZOV-Konzerns muss sich in einem angemessenen Rahmen bewegen. Geschenke und Vergünstigungen sollten unterbleiben.
Uns geht es auch um mehr Transparenz in Bezug auf das in diese Gesellschaften ausgelagerte kommunale Vermögen. Wir setzen uns dafür ein, dass die einzelnen Mitglieder der Geschäftsführung sowie der Aufsichts- und Beratungsgremien verpflichtet werden, die ihnen gewährten Bezüge jährlich der jeweiligen Kommune bzw. dem jeweiligen Zweckverband mitzuteilen und ihrer Veröffentlichung im Beteiligungsbericht unter Namensnennung zuzustimmen, sofern dem kein zwingender Rechtsgrund entgegensteht. In dem Bericht sollen auch für den Fall des Ausscheidens aus dem Gesellschaftsorgan zugesagte Leistungen und sonstige geldwerte Vorteile aufgeführt werden.

13. Abfallwirtschaft

Über seinen Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) ist der Wetteraukreis für die Verarbeitung und Vermarktung der Siedlungsabfälle im Kreis – außer in Bad Vilbel – zuständig. Es gibt 11 Recyclinghöfe zur Einsammlung von Wertstoffen und in Ilbenstadt eine Kompostierungs- und Biogasanlage für organische Abfälle. Gewerbeabfall, Plastikverpackungen und Glas werden privatwirtschaftlich entsorgt bzw. verwertet. Trotz Ansätzen sind wir von einer echten Kreislaufwirtschaft weit entfernt. Problematisch sind für uns momentan, dass

  • sich im Restmüll immer noch zu viele Anteile befinden, die als Wertstoffe entsorgt gehören.
  • die Biotonne noch zu viele Fremdstoffe enthält (hauptsächlich Plastikmüll).
  • der Altpapierpreis deutlich gesunken ist.
  • das DSD mit einer geordneten Entsorgung von Plastikmüll und Glas häufig überfordert erscheint.
  • die Vorschriften zur Ausbringung von Kompost, Klärschlamm und flüssigen Gärresten aus der Biogasanlage verschärft werden mussten und damit deren Entsorgung erschweren.
  • es leider immer noch illegale Abfallbeseitigungen in der Landschaft trotz der Wertstoffhöfe im Kreisgebiet gibt.

Deshalb werden wir

  • verstärkte Aufklärungskampagnen und Öffentlichkeitsarbeit durch den AWB zur Vermeidung von Abfall und zur Reduzierung der Abfallmengen und zu Verpackungen und deren Verwertung, ggfs. auch zusammen mit dem Einzelhandel starten.
  • das Prinzip des Wiegesystems werben.
  • die Landwirtschaft, die Biogasanlagen und die Kompostbetriebe dabei unterstützen, vorrangig die vor Ort anfallenden Düngemittel gesetzeskonform zu verwenden.
  • uns in und über die Gremien der kommunalen Abfallwirtschaft dafür stark machen, dass bei der Papierproduktion, insbesondere im Bereich der Hygienepapiere, ein fester Einsatz von Altpapier gesetzlich vorgeschrieben wird.